bu%cc%88cher-wienand-this-was-tomorrow_su_finalZukunft von gestern. Da heißt es schon mal Platz gemacht im Regal: Stolze 24 mal 31 Zentimeter misst dieser Band, und gut 4 Zentimeter ist er dick. Es wird aber auch reichlich was geboten – so umfassend und verschwenderisch bebildert wie in diesem Katalog zu der Wolfsburger Ausstellung „This Was Tomorrow“ ist die britische Pop Art wohl noch nie präsentiert worden. Zwar sind so bahnbrechende Werke wie Richard Hamiltons große Installation „Fun House“ im Buch notgedrungen nur unvollkommen wiedergegeben, doch die frechen Collagen von Eduardo Paolozzi, die subtilen Coming-Out-Bilder von David Hockney oder die raffiniert naiven Arbeiten von Peter Blake dokumentieren auch heute noch höchst eindrucksvoll, wie unbekümmert und einfallsreich in den Swinging Sixties (und schon einige Jahre davor) mit konventionellen Kunstvorstellungen gebrochen wurde. Dass Musik und Film auch ihren Beitrag zu dieser Entwicklung leisteten, wird dabei nicht unterschlagen.
Hg. Ralf Beil und Uta Ruhkamp: This Was Tomorrow. 420 S., ca. 320 Abb. Wienand. 49,80 Euro. Foto: Wienand

Hockney_SU-final.inddDas Geheimnis der Kunst. Vor fast 50 Jahren hat er uns „A Bigger Splash“ geschenkt, sein berühmtes Pool-Gemälde eines von Licht durchfluteten Nachmittags in Kalifornien, wo der Künstler die meiste Zeit seines Lebens zugebracht hat. Inzwischen gibt sich David Hockney nicht mehr mit dem Feeling eines Sommertages zufrieden. Er hat sich vom Westküsten-Party-Boy zum Experten der Kunstgeschichte gewandelt, der in diesem großformatigen Prachtband den Geheimnissen der Kunst auf den Grund gehen will.  Dafür hat der bald 80jährige Hockney, der 2012 über 620 000 Besucher in seine Londoner Ausstellung mit Landschaftsgemälden locken konnte und in diesem Herbst als Hauptredner zur Eröffnungs-Pressekonferenz der Frankfurter Buchmesse auftrat, zusammen mit dem Kunsthistoriker Martin Gayford eine spannende Auswahl von Kunstwerken zusammengestellt, anhand derer beide in insgesamt 18 Gesprächen ihre Erkenntnisse zur Kunstgeschichte austauschen. Grundthese des ebenso unterhaltsamen wie informativen Dialogs: Die Geschichte der Bilder – ob mit dem Pinsel, mit der Kamera oder digital entstanden – erzählt gleichzeitig ein Stück Menschheitsgeschichte.
David Hockney & Martin Gayford: Welt der Bilder. Von der Höhlenmalerei bis zum Screen. Sieveking Verlag, 360 S., 310 Abb., 45 Euro. Foto: Sieveking

bu%cc%88cher-tacheles-braus-228_1Auferstanden in Ruinen. Eigentlich sollte schon 1990 alles vorbei sein: Die Ruine des Kaufhauses Wertheim in der Berliner Oranienburger Straße sollte im April gesprengt werden – aber im Februar besetzten Künstler aus Ost- und Westberlin unter der Führung des Malers Clemens Wallroth (1960 -1995) das Gemäuer. Es entwickelte sich ein einmaliges, chaotisches, kreatives Kunst-, Aktions- und Veranstaltungszentrum namens Tacheles, das dann immerhin bis 2012 bestand. Der Fotograf Stefan Schilling war von 1990 bis 1999 dabei und hat jetzt ein Buch zur Geschichte des Tacheles vorgelegt mit Texten, einem Interview mit dem New Yorker Künstler Peter Missing, der seine Galerie im Tacheles hatte, und jeder Menge Fotos. Ein faszinierendes, melancholisches Zeitdokument über Kunst und Vergänglichkeit.
Tacheles – Die Geschichte des Kunsthauses in Fotografien von Stefan Schilling, 144 S., Edition Braus, 24,95 Euro.  Foto: Edition Braus

Pointillismus_Cover_Hirmer_17_08_rlPünktchen an Pünktchen. Als „Chemiker, die kleine Punkte anhäufen“, verhöhnte der Maler Paul Gauguin ein paar junge Kollegen, die nach 1880 in der Tat damit begonnen hatten, ihre Leinwände nicht mehr mit Pinselstrichen, sondern mit Myriaden von Tupfern zu bedecken. Mit verblüffendem Resultat: Die Bilder, die Georges Seurat, Paul Signac und ein paar andere akribisch und streng nach den Gesetzen der Optik komponierten, ließen Farben und Licht in zuvor nie gekannter Intensität wirken. Kein Wunder, dass etliche Künstler Gauguins Spott nicht teilten, sondern statt dessen ebenfalls mit der neuen Malweise experimentierten, darunter Camille Pissaro, Vincent van Gogh und Henri Malisse. Mit Seurats frühem Tod 1891 verlor der Pointillismus zwar schon bald seinen wichtigsten Vertreter, doch dass er bis heute zu den spannendsten Stilrichtungen der Moderne gehört, zeigt dieser attraktive Katalog, der zu einer großen Ausstellung in der Wiener Albertina erschienen ist.
Hg. Klaus Albrecht Schröder: Wege des Pointillismus. 288 S., 170 Abb. Hirmer. 34,90 Euro. Foto: Hirmer

Steve McCurry Lesen von Paul TherouxWeit weg vom Hier und Jetzt. „Man versucht mit der Kamera immer auch, etwas zu zeigen, was schwer in Worte zu fassen wäre“, hat Steve McCurry einmal erklärt, und wenn diese Botschaft auch nicht gerade umstürzend neu ist, wie gut der Amerikaner sie umzusetzen vermag, zeigt sein neues Buch „Lesen“. Vor allem die Versunkenheit, mit der seine Protagonisten sich der Lektüre hingeben, hat der Fotograf immer aufs Neue festgehalten: Ob in einem Kloster oder in einer Bar, ob in einem Park oder auf einer Straße – stets haben die Menschen ihre Umgebung völlig vergessen, sind eingetaucht in eine andere Welt. Und so gibt der schöne Band noch eine andere Botschaft weiter: In einer Zeit, in der die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne höchstens noch nach Sekunden bemessen wird, sind McCurrys Leser ein wunderbarer, weltumspannender Anachronismus.
Paul Theroux: Steve McCurry – Lesen. 144 S. Prestel. 29,95 Euro. Foto: Prestel

bu%cc%88cher-archi-dessauVon Haus zu Haus. Beim Namen Dessau denkt man an das legendäre Bauhaus, das hier einige Jahre residierte, und bei Wörlitz an die Gartenkunst des 18. Jahrhunderts, aber beide Orte haben noch viel mehr zu bieten. Das zeigt der gerade erschienene Architekturführer Dessau/Wörlitz, in dem mehr als 120 Bauten, Parkanlagen und Gärten detailliert besprochen werden. Jeder kundige Text ist mit dem Namen des Bauwerks, seinem Architekten, Baujahr, Adresse und einer Nummer ausgestattet, mit der man das Gebäude oder den Park auf den Karten im Anhang leicht finden kann. Einer kleinen Bildungsreise nach Dessau und Wörlitz steht damit wirklich nichts mehr im Wege.
Stiftung Bauhaus: Architekturführer Dessau/Wörlitz. 240 S., DOM Publishers 28 Euro. Foto: DOM Publishers

elbphilharmonieGlanz im Hafen. Endlich ist sie fertig geworden – die Elbphilharmonie, Hamburgs neues Wahrzeichen, um das so lange und erbittert gestritten und das so beschwerlich errichtet wurde. „Der steinige Weg“ (Bürgermeister Olaf Scholz) liegt hinter der Stadt. Und wer bislang noch nicht an die Elbe gepilgert ist, um das Jahrhundertprojekt mit seinem schon heute für seine Akustik hoch gerühmten Großen Konzertsaal zu bewundern, kann das nun in diesem opulenten Fotoband tun. Auf rund 250 Seiten gibt der Kulturjournalist Joachim Mischke Einsichten in die Entstehungsgeschichte des Baukonzepts und dokumentiert, wie die Entwürfe der Schweizer Stararchitekten Herzog & de Meuron in schließlich neun Jahren umgesetzt wurden. Eine faszinierende Bildfolge des Hamburger Fotografen Michael Zapf zeigt die einzelnen Baustadien, liefert Einblicke in die Innengestaltung und präsentiert grandiose Ausblicke auf den Hafen und die Stadtlandschaft entlang der Elbe. Wer nach dieser Lektüre noch immer keine Lust hat, den Wunderbau am Wasser zu besuchen, ist selber schuld.
Joachim Mischke / Michael Zapf: Elbphilharmonie. Verlag Edel Books. 248 S., 29,95 Euro, Direktbestellung über www.Das-Buch-zur-Elbphilharmonie.de möglich. Foto: Edel Books