Kolumne

Péter Pál Meleghy (1939 – 2022)

 

Wir sind sehr traurig: Unser langjähriger Kolumnist Péter Pál Meleghy ist gestorben. Er lieferte uns launige Geschichten und interessante Nachrichten aus Ungarn, hatte jeden Monat Neues, Lustiges, Pikantes, auch mal Empörendes zu berichten.
Geboren wurde er in Budapest, 1956 flüchtete er nach dem gescheiterten Ungarn-Aufstand mit Mutter und Bruder nach Deutschland. Er arbeitete als Jazzpianist, als Sänger und Tänzer, studierte ein wenig Medizin, Germanistik und Indologie und begann nach einem Volontariat in Hamburg als freier Autor für Zeitschriften und den Rundfunk und schrieb diverse Bücher.
Unser Freund und Kollege starb nach kurzer, schwerer Krankheit am 19. Februar in seiner Heimatstadt. Sein letzter Wunsch: dass seine Asche in die Donau gestreut würde.
Er wurde ihm erfüllt.  Foto: privat

Nachrichten aus einem kleinen Land
Unser Kolumnist, der Ungar Péter Pál Meleghy, ist Autor vieler Reiseführer und Kochbücher. Er lebt in Hamburg und Budapest und betreibt die Webseite www.ungarnaktuell.de , außerdem die beiden Literaturseiten www.phantastisch-realistische-literatur.de und www.ein-oscar-fuer-hitler.com
 

Zähneputzen mit der kapverdischen Sängerin Cesaria Evora
 

Also: Ich stelle meinen Rechner auf den Esstisch und rufe das Konzert der „Cesaria Evora Live d’amor (Paris 2004)“ und ihrer sagenhaften Musiker auf den Bildschirm. Dann öffne ich die Tür zum Badezimmer gegenüber, setze mich auf den Badewannenrand und passe auf, dass ich nicht in die Wanne rutsche. Sodann gebe ich etwas Zahnpasta auf die Bürste und schalte das Gerät ein. Wenn nötig, erhöhe ich die Lautstärke Cesarias und ihrer Musiker ein wenig.
Viel Spaß dabei! Und wer doch in die Wanne rutscht, wird feststellen, dass es größere Unglücke gibt.            
Foto: privat/wikipedia

Nachrichten aus einem kleinen Land

Unser Kolumnist, der Ungar Péter Pál Meleghy, ist Autor vieler Reiseführer und Kochbücher und schreibt für verschiedene deutsche Zeitschriften. Er lebt in Hamburg und Budapest und betreibt die Website www.ungarnaktuell.de, außerdem die beiden Literaturseiten www.phantastisch-realistische-literatur.de und www.ein-oscar-fuer-hitler.com

                                      

                                                       Es wird gefeiert!

Die verschiedenen jüdischen Vereine, Glaubensrichtungen, Gruppen und ihre Freunde feiern in Budapest, wie jedes Jahr Ende des Sommers, dass die gut 100 000 Juden der Stadt unbehelligt hier leben können – trotz solcher Beschimpfungen wie „Sch…Jude!“ In diesem Jahr bieten sich zur Feier gut 20, zum Teil frisch renovierte, Synagogen an, darunter die zweitgrößte der Welt in der „Tabak Straße“, dazu viele kleine Gebetshäuser, aber auch die Tische und Stühle auf den Gehsteigen vor den kleinen jüdischen Restaurants. Das Essen ist zwar nicht immer koscher, schmeckt aber – und man ist (weitgehend) unter sich.      
Die größte Feier des Landes findet alljährlich Ende August zum Gründungstag des christlichen Königreichs Ungarn im Jahre 1000 durch Stephan I.…

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  Keine Sympathie für Orbáns “Antipädophilie-Gesetz”.

                                              Dafür fühlen die Ungarn mit den Flutopfern in Deutschland

Der Diktator ließ kürzlich von seiner Zwei-Drittel-Mehrheit im Ungarischen Parlament beschließen: Eine Heirat ist nur zwischen einem Mann und einer Frau erlaubt und nur dann gültig. Eine  nachträgliche Änderung des bei der Geburt festgestellten Geschlechts ist verboten. Adoption für Homosexuelle ist nicht erlaubt. Keine Sexualaufklärung für Jugendliche – und all dies als angeblicher moralischer Schutz für Kinder und Jugendliche.
Allerdings widerspricht das „Anti-Pädophilie-Gesetz“ an mehreren Stellen der Europäischen Konvention der Menschenrechte und wird wohl vor mehreren Landes-Gerichten Europas jeweils schlecht beurteilt werden.  
Doch das Bemerkenswerte am Gesetz ist wohl die Tatsache, dass in Ungarn nicht gerade viele Menschen wissen, was „Anti-Pädophilie“ ist.…

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                                 Europäische Uni raus – chinesische Uni rein?

Seit Viktor Orbán an die Macht kam, 2010, bekämpfte er den jüdischen ungarisch-amerikanischen Investor George Soros, der 1991 die Central-Europäische-Universität, CEU, mit Sitz in Budapest gegründet hatte. Schließlich vertrieb Orbán die Lehranstalt mit juristischen Tricks – die Stadt Wien nahm sie 2020 mit Handkuss.
Orbáns neue Freunde sind nun allgemein die Chinesen und speziell die Studenten, Professoren und Leiter der Universität Fudan in Shanghai.  
Kein Wunder also, dass Orbán die Uni nach Budapest einlud. Dort darf sie jetzt eine neue Lehranstalt bauen, dazu auch ein ganzes neues Städtchen für die Studenten.

Dem beliebten, jungen, einfallsreichen, fahrradfahrenden Budapester Bürgermeister Gergely Karácsony – und seinen zahlreichen Freunden – gefiel die Idee allerdings
gar nicht.…

Meldungen aus einem kleinen Land
Peter Meleghy berichtet aus Ungarn

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                                        Tierische Flugkünstler; alte Sender, neuer Stil 


Jedes Jahr im Mai schlüpfen in einem Versteck des romantischen Hinterhofs vor meinen Fenstern zwei Schwalben-Kinder.
Kaum auf der Welt, jagen sie einander mit sagenhafter Geschwindigkeit, machen Purzelbäume und andere akrobatische Darbietungen.
Wie ich allerdings in einer Bio-Sendung im Rundfunk höre, repräsentieren die beiden Flugkünstler zwei Millionen Verwandte – die in Ungarn fehlen.

Denn: Die Schwalben machen nicht nur Purzelbäume in der Luft, sondern sie jagen und fressen auch im Flug. Am liebsten Mücken. Doch im Land zwischen Donau und Theiß herrscht Mückenangst. Also wird jedes Jahr im Mai in die frische Luft der feuchten Wälder mit Kanonen Mückengift geschossen.
Der Trost: Da in Budapest kein Waldlüftchen weht, und es kaum Mücken gibt, sprüht man hier kein Gift.…

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                                       Meinungsfreiheit  

                                      Hilfe aus der Heimat

 

 

Der ungarische Fußballtrainer beim Berliner Verein Hertha BSC, Petry Zsolt, gab dem heimischen „Magyar Nemzet“ (Ungarische Nation) Anfang April ein Interview. Darin benutzte er derbe, rassistische Wörter und beschimpfte Homosexuelle.
Dafür wurde Zsolt sogleich aus dem Fußballklub entlassen – „wegen Verstoßes gegen die Werte des Klubs“, wie Geschäftsführer Carsten Schmidt, in einer Pressemitteilung begründete.
Wieder daheim, wurde Zsolt jedoch von höchster Stelle gelobt: „Er hat Recht!“ sagte Viktor Orbán, „Ungarn ist das Land der Meinungsfreiheit. Hier kann jeder seine Meinung sagen.“
Hatte der Ministerpräsident schon vergessen, dass er erst wenige Wochen zuvor dem oppositionellen „Klubradio“ die Sendelizenz hatte entziehen lassen?

                                                                                 Hilfe von ganz oben
 
Die katholische Kirche bekam von der ungarischen Regierung 2011, schon unter Viktor Orbán, alle Ländereien, Immobilien und Vermögen zurück, die im Sozialismus enteignet wurden.…

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                                       Budapester Impressionen  

Freiheit! Gleichheit! Brüderlichkeit!
Die Losung der Französischen Revolution war auch die Devise beim Aufstand der Ungarn gegen die Unterdrückung des Hauses Habsburg am 15. März 1848 – wobei die intellektuellen Aufständischen, die Dichter, Professoren, Schriftsteller, großzügig darauf verzichteten, auf den ersten Broterwerb der inzwischen kaiserlichen Familie als Straßenräuber hinzuweisen.
Bemerkenswert auch, dass die Paprika, mit ihren grünem Blättern, kleine weiße Blüten und roten Früchten, zum nationalen Gewürz avancierte. Am 15. März 1848 wurde Rot-Weiß-Grün zu den Nationalfarben erklärt, die auch die Nationalflagge schmückten. Nach der Niederschlagung der Erhebung 1849 wurde die Fahne wieder verboten, erst nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich 1867 wurde sie als Nationalflagge anerkannt. Auch beim bewaffneten Aufstand gegen die Sowjet-Diktatur 1956 war Rot-Weiß-Grün das Zeichen des Widerstandes.…

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                                       Klubrádió im Internet-Exil  

Seit Montag, dem 15. Februar hört man auf der Budapester Wellenlänge 92,9 kHz nur noch ein leises Rauschen. Das Klubrádió mit dem Motto Nachrichten und Meinungen sendet nicht mehr. Am ganzen Tag zuvor nahmen die Mitarbeiter Abschied von den Hörern – es war rührend. Dabei fiel mir auf, wie viele Mitarbeiter es waren; darunter allerdings viele freie, die nur einmal in der Woche auf Sendung waren/sind. Meine Favoriten: zwei alte, ehemalige Redakteure der größten Tageszeitung Népszabadság („Volksfreiheit“), deren Blatt schon vor gut zehn Jahren einkassiert wurde. Sie hatten jeden Donnerstag-Abend im Klubrádió ihre Sendung, zu der sie jeweils einen ehemaligen Kollegen oder Volontär mit ins Studio brachten, der inzwischen weit weg arbeitete und Interessantes zu berichten hatte.…

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                                       Für einen Sack Kartoffeln  

Als Viktor Orbán 2010 Ungarns Ministerpräsident wurde, verkündete er in einer seiner ersten Reden, er wolle in seinem Land eine neue Mittelklasse erschaffen. Ich hatte schon damals ein unangenehmes Gefühl, als ich das im Radio hörte, denn ich hegte den Verdacht: Meinte er nicht vielleicht erkaufen oder schlicht kaufen?

Der erste (untaugliche) Versuch geschah recht bald. Orbán reiste zu meinen Freunden nach Innsbruck, wo das Land Tirol einen Verein und ein Studentenheim für ungarische Studenten finanziert. Den jeweiligen Vorsitzenden des Vereins wählen die Mitglieder.
Orbán allerdings empfahl einen Mann für den Posten, den er auch mitgebracht und wortreich vorgestellt hatte. Anschließend teilte er den versammelten Mitgliedern mit, dass im Fall seiner Wahl der Verein nie unter Geldmangel leiden werde.…

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                                       Nachrichten aus dem Tollhaus und Europa   

Als Schulkinder haben wir uns köstlich über eine Kurzgeschichte amüsiert, in der ein findiger Schüler sein schlechtes Zeugnis wortreich und einfallsreich den Eltern erklärt.

Schnitt in die Gegenwart und zu Viktor Orbán: Nachdem er sein Veto gegen den EU-Haushalt für sich behalten hatte, verkündete die staatliche Presse in Ungarn, Orbán habe Europa vor sich selbst gerettet. Ein Held, zweifellos!

Nach einer neuen Umfrage möchten 74 % der Ungarn in der EU bleiben. Alle Umfragen bisher zeigten über 70 %, waren aber noch nie so hoch.

Mehr als hunderttausend Menschen haben in Ungarn (9,773 Millionen Einwohner) durch Corona ihre Arbeit verloren und bekommen keine staatliche Hilfe. Die Obdachlosenheime sind überfüllt.…

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                                       Freies Europa sendet wieder   

Viele Jahre war der Sender Freies Europa in Ungarn das Radio-Hörrohr zur Freiheit – seine Geschichte begann nach Ende des Zweiten Weltkrieg, als die Sowjetunion ihren Einfluss auf Mittel-Ost-Europa dauerhaft behalten wollte und zwischen Ost und West ein Nachrichtenkrieg anfing.
Im Mai 1949 wurde in New York das Committee for Free Europe, für das gleichnamige Radio, gegründet. Im August begannen dort die Versuchssendungen. Ab Oktober 1951 wurde aus München gesendet, die Wortbeiträge wurden allerdings aus Moskau erfolgreich gestört. Ich werde die schrillen Pfeiftöne, die ich als Jugendlicher gehört habe, nie vergessen. Zum Glück hat man bald die Tonbänder mit den Nachrichten per Flugzeug nach Athen geflogen, dann auf ein Schiff gebracht und von dort gesendet.…

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                                            Rückblick an den hoffnungsvollen Spätfrühling, Sommer 2020

                                                                         & viele Seltsamkeiten um Corona

Viktor Orbán, selbsternannter Vater der ungarischen Nation, riet per Rundfunkansprache allen, die in den Sommerferien verreisen wollten, nicht an die Adria zu fahren. Dort seien zu viele Ausländer, die vermutlich schon das Virus in sich tragen und Fremde gern anstecken.

Besser sei es, an den heimischen Plattensee zu fahren, dort sei man wenigstens unter sich. Ein guter Rat – oder?

Ich dachte dabei an meine Kindheit und die langen Schulferien.

Wir, mein kleiner Bruder und ich, liefen bei schönem Wetter täglich hinunter zum Strand. Kein Zaun, kein Eintrittsgeld – die guten Seiten des Sozialismus. Wir schwammen zwei Kilometer ins nächste Dorf, kamen zu Fuß durch Obstgärten zurück in unser Häuschen hoch in den Hügeln mit Blick auf den See.…

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                                                   Jagd auf die Wahrheit

Die Orbán-Regierung versucht das Klub-Radio zum Schweigen zu bringen. Deshalb wurden dem oppositionellen Sender die Lizenzen entzogen. Die Begründung: Verbreitung unwahrer Behauptungen.

Zwar tritt das Urteil erst im Februar 2021 in Kraft, doch kocht es in der liberalen europäischen Welt der Medien schon jetzt. Denn das Klub-Radio ist der einzige und letzte freie Sender Ungarns.

Begonnen hat die Jagd auf die Wahrheit schon vor gut zehn Jahren mit der Vernichtung der größten Tageszeitung Népszabadság (dt.:Volksfreiheit): Da hat ein österreichischer Freund Orbáns das Blatt vom damaligen schweizerischen Eigentümer für gutes Geld gekauft und anschließend – wegen Erfolglosigkeit – eingestellt. Bezahlt wurde der Kaufpreis aus ungarischen Steuergeldern und EU-Zuwendungen.

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Für eine bessere Zigeunerwelt

Der Bürgermeister László Bogdán kam von ganz unten. Die Mutter war Putzfrau, der Vater Bergmann. Die Erinnerung an seine Jugend hieß Hunger. Nach der Grundschule wollte auch er in die Kohlemine, doch sie wurde unrentabel und geschlossen.
László Bogdán fegte Fabrikhallen, arbeitete am Laufband, packte Monitore ein und kämpfte sich mit Fleiß und Verstand ins mittlere Management der Firma Elcoteq im südungarischen Fünfkirchen hoch.
Im Frühling 2002 zog er zurück in sein Geburtsdorf Cserdi (sprich: Tscherdi): zwei Straßen, 411 Einwohner, weit mehr als die Hälfte Roma, die sich als Zigeuner bezeichnen, und auch Romani sprechen. „Das häufigste Wort, das ich hörte“, sagte er, „war ‚Dema!‘“ – Lass’ mich in Ruhe! Nur wenn er fragte: „Hast du Geld für Brot?“ kam eine andere Antwort.
Bogdán war entsetzt: Jährlich gab es in dem kleinen Ort rund 200 Einbrüche.…

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Der Kampf um die Brücke und mehr

Die Kettenbrücke über der Donau, die beide Stadtteile Buda und (gesprochen) Pescht verbindet, wurde 1849 erbaut und nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg 1947 wieder aufgebaut. Jetzt ist sie in die Jahre gekommen. Kein Wunder: trägt sie doch gut besetzte Straßenbahnen, jede Menge Autos und dazu auch noch reichlich Fußgänger.  
Geld für die Sanierung wäre da gewesen. Doch im Frühling dieses Jahres verstaatlichte Ministerpräsident Viktor Orbán die Einnahmen der Hauptstadt aus den Parkgebühren. Er schuf ein neues Gesetz, das durch seine Zweidrittel-Mehrheit im Parlament sogleich angenommen wurde. So landete das das Geld, was man für die Sanierung hätte nutzen können, in anderen Taschen.

Inzwischen allerdings ist etwas Seltsames geschehen: Der neue, junge Oberbürgermeister von der Opposition wird durch seine grünen Ideen – mehr Bäume, mehr Fahrradwege – immer beliebter.…

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                                                                    Früher war’s doch besser
Nach einer repräsentativen Umfrage findet eine deutliche Mehrheit der Ungarn, dass sie in den letzten Jahren des Kommunismus, der Kadar-Ära, besser gelebt hat als heute. Selbst 54 % der Wähler der Regierungspartei Fidesz sind dieser Meinung, obwohl sie auch die negativen Seiten des alten Regimes sehen.  

Ministerpräsident: Realitätsfremd
Viktor Orbán gebärdet sich immer mehr als Diktator. Er entscheidet alles allein, seine Vasallen, die gut davon leben, folgen ihm. So glaubt er tatsächlich, dass niemand in Ungarn merkt, wie er EU-Gelder stiehlt.
Dass er schon als junger Politiker mit der Realität recht willkürlich umging, zeigt der Bericht einer Frau, die im März 1988 kurz nach der Gründung der Fidesz-Partei beitrat und bei einer Feier mit Orbán und zwei Freundinnen an einem Tisch saß.…

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                               Vom Wahrsager, dem Retter und dem Schnüffler

 

Der Wahrsager
Anfang April sah der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán eine schreckliche Corona-Welle auf Ungarn, besonders auf Budapest, zurollen. Flugs ordnete er an, 10.000 Krankenhaus-Betten frei zu machen (Ärzte und Pfleger sprechen von weit höheren Zahlen). Dafür wurden viele meist alte Patienten mit verschiedenen chronischen Krankheiten schlicht nach Hause geschickt. Eine Pflegerin berichtete im Oppositionssender schluchzend, dass alle, die sie bis dahin betreut hatte, bald starben.
Zwar blieb die gefährliche Welle aus – die Aktion war trotzdem nützlich: Pfleger und Ärzte konnten entlassen, Gehälter und Verpflegung eingespart werden.

Der Retter
Immerhin starben nicht alle entlassenen Kranken. Mehrere von ihnen wohnen seither auf dem Land und werden von Verwandten und Freunden gepflegt.…

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Peter Meleghy berichtet aus Ungarn

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Mein letztes, zauberhaftes Vor-Corona-Osterfest

Im Frühjahr 2019 wurde ich von meiner Freundin Eszter, Journalistin, zum Osterfest in ihr Geburtsdorf eingeladen. Es liegt in den bewaldeten Hügeln Nordungarns, wo ihre Eltern, hochbetagt und gesund, immer noch leben.
Ostersonntag, sonnig und warm. Eine Gruppe von Dorfjungen, um die sechzehn, siebzehn, ist festlich gekleidet. Sie tragen schneeweiße Leinenhemden mit breiten Ärmeln, enge schwarze Hosen und schwarzglänzende Stiefel. In den Händen je ein kleiner Eimer mit warmem Wasser und einen Zweig mit Weidenkätzchen.
So gehen sie in Gruppen zu den etwa gleichaltrigen Mädchen, die in weißen Blusen und bunt bestickten Röcken, dazu roten Stiefelchen vor dem hell-gekalkten, ebenerdigen Elternhaus eines der Mädchen auf sie warten: flüsternd, kichernd, lachend, gespannt – sie wissen ja, was folgt und auch um die archaische Bedeutung des Rituals.…

Peter Meleghy berichtet aus Ungarn

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Corona in Ungarn

Die Zahlen: Zurzeit sind 300 Menschen infiziert (Stand 27.3.2020). Die verhältnismäßig niedrige Zahl liegt vermutlich daran, dass der Nachweis bisher nur an wenigen Stellen möglich war. 1.500 Bürger sind in Quarantäne, zehn erkrankte sind gestorben und 34 genesen.

Die Regierung war anfangs unsicher, zögerlich, hat die Epidemiologen aber erstmal nicht gefragt. So waren die vielen Thermalbäder noch Wochen nach den ersten Erkrankungen geöffnet. Seit dem 16. März sind sie endlich geschlossen, genau wie alle Kinos, Theater, Museen, Einkaufszentren und Geschäfte, außer Lebensmittelläden und Apotheken. Schulen und Kindergärten wurden ebenfalls geschlossen, was ein anderes Problem birgt: Kinder erkranken auch am Virus, ohne es zu merken und ohne Symptome zu zeigen. Dafür können sie andere, zumal die Großeltern, anstecken.
Und leider funktioniert der digitale Unterricht in Ungarn noch nicht so wie etwa in Dänemark, von wo eine ungarisch-stämmige Hörerin im Klubradio berichtete: Ihr kleiner Sohn sitzt vor seinem Laptop am Esstisch, folgt dem Schulunterricht mit dem bekannten netten Lehrer und amüsiert sich über das lustige kleine Lehrfilmchen.…