Keine Lust mehr, sich im Museum in die lange Schlange vor der Kasse zu stellen? Oder gar quer durch die Republik zu reisen, um eine hochgelobte und spannende Ausstellung zu besuchen? Und sich statt dessen lieber daheim auf dem Sofa an Kunst (Fotografie, Design oder auch Mode) delektieren? Da weiß KuNo Rat. Aus dem Füllhorn der herbstlichen Neuerscheinungen haben wir jetzt, da andere Buchvorstellungen zunehmend scheuen, beherzt und mit sicherem Blick eine gute Handvoll Titel ausgewählt, die – nun ja – den Museumsbesuch nicht ganz ersetzen, aber zumindest den Spaß an der Kunst wachhalten. Und da Weihnachten vor der Tür steht: Verschenken lassen sich diese Bände auch ganz vortrefflich.

Bildschirmfoto 2014-11-25 um 17.18.54Gesichter. Zur Kamera greifen sie schon seit einiger Zeit kaum noch, jedenfalls nicht aus beruflichen Gründen – aber das müssen sie auch nicht: Barbara Klemm, geboren 1939, und Stefan Moses, geboren 1928, zählen längst zu den großen Fotografen der Nachkriegszeit. Über Jahrzehnte prägten ihre Bildreportagen den optischen Auftritt von Magazinen und Zeitungen wie dem Stern und der Frankfurter Allgemeinen; vor allem ihre einfühlsamen Porträts, in denen sie Prominenz ebenso genau und unsentimental darstellten wie unbekannte Mitmenschen, verschafften ihren rasch Ansehen und Ruhm. 238 ihrer durchweg schwarzweißen Aufnahmen versammelt dieser schön gestaltete (zu einer Ausstellung in Duisburg entstandene) Katalog: Fotografierte Zeitgeschichte vom Feinsten. Barbara Klemm / Stefan Moses, 280 Seiten, 238 Abbildungen, 48 Euro, Nimbus. Foto: Nimbus
Paris im Licht von Christopher ThomasStille. Keine Seele ist hier unterwegs; wie ausgestorben liegt die „Stadt des Lichts“ da – und doch ist auf jeder dieser großartigen Fotografien zu sehen, wie sehr Paris mit seinen Straßen, Plätzen und Brücken, seinen Parks, Palästen und Monumenten Menschenwerk ist. Wie ein Flaneur ist  Christopher Thomas, 1961 in München geboren, immer wieder mit seiner Kamera durch dieses in Jahrhunderten gewachsene Gesamtkunstwerk gezogen, um in mittlerweile schon altmodisch anmutenden Polaroid-Aufnahmen die „Essenz der Stadt“ zu finden. Klar, dass dafür nur zeitlos schönes Schwarzweiß in Frage kam, und so ist auf 80 Bildern das faszinierende Porträt einer Metropole entstanden, die wir alle kennen – und so noch nie gesehen haben. Christopher Thomas/Ira Stehmann: Paris im Licht. 160 Seiten, 80 Abbildungen, 39,95 Euro, Prestel. Foto: Prestel

Layout 1Freunde. Auch hundert Jahre nachdem der Erste Weltkrieg sie brutal beendete, zählt die Künstlerfreundschaft zwischen August Macke und Franz Marc immer noch zu den fruchtbarsten der Klassischen Moderne: 1910 besuchte der 23-jährige Macke den sieben Jahre älteren Marc erstmals in dessen Münchner Atelier, und rasch stellten die beiden jungen Männer fest, dass sie dasselbe Ziel verband: in ihren Bildern mit den leuchtenden Farben „die Welt selbst zum Reden“ zu bringen. Eine gemeinsame Reise nach Tunesien Anfang 1914 wurde zum Schlüsselerlebnis; kurz nach Beginn des Ersten Weltkriegs fiel Macke in Frankreich, sein Freund anderthalb Jahre später. Eine große Ausstellung rekapituliert noch bis 4. Januar in Bonn (dann in München vom 28.1. bis 3.5.) ihre Zusammenarbeit; der stattliche Katalog ist dazu die angemessene Begleitung. Annegret Hohberg: August Macke und Franz Marc. Eine Künstlerfreundschaft. 360 Seiten, 332 Abbildungen, 39,80 Euro, HatjeCantz. Foto: Hatje Cantz

Bücher RenaissanceZeitenwende. Wenn wir die Kunstschätze der Renaissance bewundern, dann denken wir meist an italienische Künstler, die uns bis heute mit ihrem bahnbrechenden Können in Erstaunen versetzen.
Aber auch nördlich der Alpen sind in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts exzellente Werke entstanden, wie die Kunsthistorikerinnen Anne-Marie Bonnet und Gabriele Kopp-Schmidt in ihrem Buch über die großen Maler-Persönlichkeiten der Renaissance in Deutschland belegen: Albrecht Altdorfer, Lucas Cranach, Albrecht Dürer, Hans Baldung Grien, Matthias Grünewald und die Brüder Hans und Ambrosius Holbein werden in monografischen Kapiteln vorgestellt, opulent bebildert und verständlich geschrieben – ein Standardwerk der deutschen Kunst- und Kulturgeschichte jener Zeitenwende. Der gewichtige Band, nun in einer preiswerten Ausgabe verlegt, wäre übrigens ohne den soeben allerorten gefeierten Mauerfall nicht möglich gewesen. Erst danach öffneten sich auch die Archive in den ostdeutschen Bundesländern. Anne-Marie Bonnet/Gabriele Kopp-Schmidt: Die Malerei der deutschen Renaissance, 408 Seiten, 307 farbige Abbildungen, 49,80 Euro, Schirmer/Mosel. Foto: Schirmer Mosel

Bücher W_FashionStories_CoverKlick. Es sind nicht einfach nur Modefotos von berühmten Fotografen, die in dem famosen Coffeetablebook „W – Fashion Stories“ versammelt sind. Hier werden große Geschichten erzählt. Wie die von Model Amber Valletta, das von Steven Klein mithilfe eines Maskenbildners einem rapiden Alterungsprozess ausgesetzt wurde. Auf dem ersten Foto ist sie 30, auf dem letzten 120! Oder die der skurrilen Doppelporträts, die Steven Klein unter dem Motto „Good Kate, bad Kate“ von Kate Moss gemacht hat. Oder die Bilder von Mert Alas und Marcus Piggott einer an Liebeskummer leidenden jungen Frau im schrabbeligen Brooklyn, die aussehen wie von Edward Hopper gemalt. Und auch die von Tilda Swinton, die sich von Tim Walker in Island in eine Außerirdische verwandeln ließ. Das Buch ist ein Geschenk für alle, die sich gern aufregende Fotos ansehen, die Mode lieben, sich für ungewöhnliche Werbekampagnen interessieren – und für alle, die perfekte Inszenierungen zu würdigen wissen. Stefano Tonchi: W-Fashion Stories, Erotische Bildgeschichten aus dem New Yorker Magazin W, 256 Seiten,160 farbige Abbildungen 49,80 Euro, Schirmer/Mosel. Foto: Schirmer/Mosel

Alles ueber Vintage Mode von Nicky AlbrechtsenSchick. „Der Mode entkommt man nicht.“ Hat Karl Lagerfeld mal gesagt, „denn auch wenn Mode aus der Mode kommt, ist das schon wieder Mode.“  Da hat er recht, der gute Karl. Beweis: die alten Kleider, die plötzlich „Vintage“ und damit schwer im Trend sind. Die Londoner Textildesignerin, Kostümbildnerin, Stylistin und Autorin Nicky Albrechtsen, die selbst betagte Garderobe sammelt, legt jetzt mit ihrem monumentalen Buch „Vintage Mode“ ein umfassendes Nachschlagewerk über die Kleidung des 20. Jahrhunderts vor. Angefangen mit Kapiteln über die Mode jedes Jahrzehnts von 1920 bis 1990, über ausführliche Darstellungen von Schuhen, Gürteln, Taschen, Brillen und Abendkleidern, bis zu floralen Mustern, Wildprints und dem „kleinen Schwarzen“ erläutert sie jede große Modeströmung und jeden kleinen Trend. So viel Spaß hat Nachschlagen und Schmökern schon lange nicht mehr gemacht, und dabei werden nicht nur weibliche Mode-Fans Augen machen. Nicky Albrechtsen: Vintage Mode, 432 Seiten, 700 farbige Abbildungen, 69 Euro, Prestel. Foto: Prestel

Bildschirmfoto 2014-11-25 um 17.18.45Nobel. Klassiker-Bücher gibt es jede Menge. Und auch in dem Kompendium „Designklassiker“ des britischen Autoren Philip Wilkinson, der schon viele Werke zu Kunst- und Architekturthemen verfasst hat, werden der rot-blaue Rietveld-Stuhl und Eileen Grays Beistelltisch „E 1027“ vorgestellt, genau wie der Lounge Chair von Ray und Charles Eames. Soweit wie immer schon gehabt. Aber Wilkinson zeigt auch Unbekannteres, den Stahlanspitzer von Raymond Loewy aus den 1930er Jahren zum Beispiel, der an die Kühlerfigur eines futuristischen Autos erinnerte, oder die elektrische Gitarre „Stratocaster“ von Leo Fender, mit der Buddy Holly, Jimi Hendrix und Eric Clapton wahre Kunststücke vollbrachten. Zu jedem Objekt erzählt Wilkinson die Entstehungsgeschichte, ordnet es in seinen Kontext ein und gibt eine Kurzbiografie des Designers. Und der Autor ist ziemlich aktuell: Das iPad von 2010, das der Brite Jonathan Ive für Apple entwarf, ist auch dabei. Philip Wilkinson: Designklassiker – vom Barcelona-Sessel bis zum iPad, 256 Seiten, 700 farbige Abbildungen, 29,95 Euro, Dorling Kindersley. Foto: Dorling Kindersley

Bücher Schrill Bizarr Brachial_Cover_WienandKurios. „Consumer’s rest“ nannte der Berliner Designer Stiletto, bürgerlich Frank Schreiner, 1983 seinen aus einem Einkaufswagen geschnittenen Sessel, der an die Metallgitterstühle von Ray und Charles Eames und Harry Bertoia erinnerte, und schuf damit nach seinen eigenen Worten „Objekt und Kommentar“. Stiletto gehörte zu der jungen Design-Szene in Deutschland, die in den 80er Jahren das Postulat der „guten Form“ durchbrechen und neue, eigenwillige Ansätze in ihre Entwürfe einbringen wollte, dazu gehörten Gruppen wie Ginbande und Kunstflug, Cocktail und Möbel perdu, Pentagon und Bellefast. Das Establishment war entsetzt, denn die Arbeiten waren durchweg ebenso gewagt wie gewöhnungsbedürftig. Die wichtigste Ausstellung dieser Bewegung war das „Kaufhaus des Ostens“, die 1984 in Berlin, München und Hamburg gezeigt wurde. Dreißig Jahre später zeigt jetzt das Berliner Bröhan Museum in der Ausstellung „Schrill bizarr brachial. Das Neue Deutsche Design der 80er Jahre“ (noch bis 1. Februar) einen Querschnitt der schrägen Objekte von damals; wer nicht nach Berlin fahren kann, ist mit dem Katalog bestens bedient. Tobias Hoffmann/Markus Zehentbauer: Schrill Bizarr Brachial – Das Neue Deutsche Design der 80er Jahre, 240 Seiten, 366 Abbildungen, 36 Euro, Wienand. Foto: Wienand

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