IFDie allermeisten Hamburg-Touristen lustwandeln an der Binnenalster und am Jungfernstieg mit seinen attraktiven Geschäften und besteigen vielleicht sogar einen der Alsterdampfer, die hier ablegen. Deutlich weniger Gäste sind schon an der 164 ha großen, etwa 2,8 km langen Außenalster beim Joggen oder Spazierengehen, beim Fahrradfahren oder Grillen auf den angrenzenden Wiesen anzutreffen. Und nur wenn die Alster mal richtig zufriert und dann endlich, endlich von den vorsichtigen Behörden freigegeben wird, tummeln sich auf der Alster Glitscher und Eisläufer zwischen Bratwurstbuden und Glühweinständen.
Aber die wenigsten überqueren am nördlichen Ende der Außenalster die Krugkoppelbrücke mit dem fantastischen Blick auf die Stadt, um dann in den Leinpfad einzubiegen.
Wie schade! Der Leinpfad gehört nämlich zu den schönsten Straßen Hamburgs. Hier wurden früher Alsterschuten an Leinen den Fluss hinauf gezogen, wenn sie leer waren von Frauen, beladen von Pferden, und so heißt der einst sehr schmale Weg seit 1866 Leinpfad.
Hier, am östlichen Rand des Flusses Alster, kurz bevor er in die einst künstlich angelegte Außenalster fließt, stehen einige der prachtvollsten Villen der Stadt. Gleich am Anfang zum Beispiel ein schneeweißer Bau, geplant vom New Yorker Architekten Richard Meier, der sonst für seine spektakulären Museumsbauten in Frankfurt, Los Angeles, Barcelona und Baden-Baden bekannt ist. Auf der anderen Seite des Flusses sieht man den kleinen Eichenpark, in dem seit 1994 die eigenwillige Skulptur „Ätherwelle“ steht, die an den – in Hamburg geborenen – Entdecker der elektromagnetischen Wellen, Heinrich Hertz, erinnern soll.
IFSpaziert man nun den Leinpfad nach Norden unter riesigen Eichen vorbei an ansehnlichen Villen aus den letzten 150 Jahren, dann erreicht man schnell die Streekbrücke von 1904, die die Stadtteile Harvestehude mit Winterhude verbindet. Hier ist auch ein Anleger für die Alsterdampfer, die von April bis Oktober stündlich vom Jungfernstieg bis zum Winterhuder Fährhaus fahren und dabei gern mal Ruder-, Paddel- und Tretboote in Bedrängnis bringen. An der Ecke Maria-Louisen-Straße gibt es eine feine Möglichkeit, eine Verschnaufpause einzulegen:
IFDort hat vor einigen Monaten das Café aufgemacht, das mit Croissants und Brioches, Café au Lait und Tartes Pariser Charme ins Quartier gebracht hat. Seit kurzem bietet man dort unter dem Namen „Par ici! Artistes“ auch Lesungen und kleine Konzerte an.
Die Maria-Louisen-Straße ist übrigens benannt nach der Ehefrau von Goldschmied Adolph Sierich, der Mitte des 19. Jahrhunderts das sumpfige Gebiet entlang der Alster durch Kanäle entwässern und aufschütten ließ. So wurde Bauen und Wohnen hier erst möglich. Einen dieser Kanäle überquert man, wenn man dem Leinpfad weiter folgt.

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Als nächstes erreicht man die Goernebrücke zwischen Klärchen- und Goernestraße. An der Ecke steht das Ludwig-Erhard-Haus mit der Landesgeschäftsstelle der CDU. Man sollte unbedingt ein paar Schritte in die Klärchenstraße gehen – übrigens benannt nach der zweiten Ehefrau von Adolph Sierich – und einen Blick auf den dort üppig zugewachsenen Leinpfadkanal werfen, der ist sooo romantisch!

 
IFWieder zurück am Leinpfad sieht man auf der anderen Seite des Flusses eine imposante Backsteinanlage: das Kloster St. Johannis wurde 1912-1914 als Damenstift erbaut und wird bis heute als Wohnheim für Seniorinnen genutzt. Ihren Ursprung hat die Anlage in dem Zisterzienserinnen-Kloster Herwardeshude von 1246. Daneben steht in einem hübschen Park die Kirche St. Johannis, von den Hamburgern auch liebevoll „die Hochzeitskirche“ genannt, weil sie besonders attraktiv ausgestattet und deshalb so beliebt für gefühlvolle Trauungen ist. Eine Kirche steht an dieser Stelle seit 1267, der ehemals runde Turm stammt wohl aus dem 13. Jahrhundert und überstand als einziger Gebäudeteil einen Brand Anfang des 14. Jahrhunderts. Das Kirchenschiff wurde 1622 neu erbaut und erhielt dabei einen 33 m langen und 12 m breiten, wunderschönen Fachwerksaal. Zuletzt restauriert und renoviert wurde St. Johannis 2001.

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Schräg gegenüber, in der Ludolfstraße 53, findet ein ganz anderes Programm statt. Im „Alma Hoppe Lustspielhaus“ gastiert demnächst wieder Hans Scheibner mit „Wer nimmt Oma?“, und daneben gibt’s in der „Komödie Winterhuder Fährhaus“ zum Fest der Liebe die drei Hamburger Jungs von Bidla Buh mit „Advent, Advent, der Kaktus brennt …“ Schöner ist es natürlich, wenn Sie im Sommer kommen, dann können Sie nämlich im „Café Leinpfad“ auf dem Alsterdampfer-Anleger Ihren kleinen Spaziergang mit einem Prosecco feiern und anschließend auf der Terrasse des „Restaurants Winterhuder Fährhaus“ mit Labskaus, Finkenwerder Scholle oder Hamburger Pannfisch die Hansestadt kulinarisch genießen.

Fotos: CO