Die kleine Gloria hat Kraft. Schließlich befördert sie den ganzen Tag jede Menge aufgeregte Touristen und langmütige Einheimische den steilen Berg hinauf. „Ascensor da Gloria“ ist eine ziemlich alte, ziemlich niedliche Standseilbahn. Sie fährt vom Lissaboner „Praca de Restauradores“ mit seinem Teatro Eden, einem Großkino von 1931, in dem heute ein Hotel ist, 265 m hoch, überwindet dabei eine Höhe von 48 m und eine Steigung von 18 %. Seit 1885 ächzen Gloria und ihre Vorfahren dort hinauf. Oben hat man dann aus dem kleinen Park „Jardim de Sao Pedro de Alcantara“ einen großartigen Überblick über die Altstadt.
 
Wieder unten spaziert man vorbei an dem schönen Bahnhof „Rossio“ von 1890 am gleichnamigen Platz, der im sogenannten manuelinischen Stil mit hufeisenförmigen Eingängen erbaut wurde. Benannt ist der prachtvolle Stil nach König Manuel I., der von 1495 bis 1521 regierte und Portugal zu wirtschaftlichem und kulturellem Aufschwung verhalf.
Gleich neben dem Bahnhof findet man übrigens ein sehr nettes Restaurant, das „Leao d’Ouro“ mit schönen Fliesenbildern an den Wänden und Cataplana – einem im typischen Kupfertopf mit Deckel gegarten Eintopf –, schwarzem Schwein und viel frischem Fisch auf der Speisekarte. Das sei nur erwähnt, falls Sie gerade Hunger haben.
Wer jetzt ans Meer will – bitte sehr: Fürs hügelige Lissabon eher ungewöhnlich geht es vom „Praca de Restauradores” langsam und gemütlich hinunter zum eindrucksvollen „Praca do Comércio“ am Fluss Tejo, der wenige hundert Meter weiter in den majestätischen Atlantik mündet.
Stadtmenschen gehen statt ans Wasser bis ans Ende der „Rua 1 de Dezembro“ und biegen rechts in die „Rua do Carmo“. Dort sieht man schon hoch über der Straße eine Fußgängerbrücke; sie gehört zum „Elevador de Santa Justa“, einem Fahrstuhl von 1902, der in zwei hübsch verzierten Holzkabinen Personen aus dem Stadtteil Baixa 45 m hinauf in den Stadtteil Chiado befördert. Oben wird man dann wieder mit einem großartigen Rundblick belohnt. Übrigens: Die Lissabon-Card für 24, 48 oder 72 Stunden erspart lästiges Ticketkaufen in allen Verkehrsmitteln und vielen Museen.
Ist man wieder auf der Erde, sollte man ein paar Schritte weiter zur „Rua Garrett“ und die hinauf bis zum Platz „Largo de Chiado“ gehen. Dort kann man den Schriftsteller Fernando Pessoa vor dem ältesten Kaffeehaus Lissabons treffen, dem „Café A Brasileira“ von 1905 mit originaler Art-Deco-Einrichtung. Wunderschön! Pessoa (1888 bis 1935) gilt als einer der wichtigsten Autoren portugiesischer Sprache und sitzt hier in Bronze gegossen ganz bescheiden an einem Tischchen direkt neben verschnaufenden Touristen.
 
Nach einem mäßigen Cappuchino kann man am „Largo de Chiado“ die Straßenbahn der legendären Linie 28 E besteigen und mit ihr hinauf zum Friedhof „Prazeres“ durch die engen Gassen fahren, vorbei am „Palácio de Sao Bento“, dem Parlamentsgebäude von 1598, das einst ein Kloster war. Auf dem Rückweg – hoch und runter quer durch Lissabon – passiert die tapfere kleine Straßenbahn die „Cathedral Sé Patriarcal“ von 1147  und den spektakulären Ausblick am „Miradouro de Santa Luzia“ auf den Stadtteil Alfama und den Tejo, von wo man auch zum „Castelle De Sao Jorge“, einer von den Mauren erbauten Burg, hinaufsteigen kann. Und weiter geht’s rauf und runter durch immer engere Gassen bis zur Endstation am Platz „Martim Moniz“.
 
Dort steigt man entweder in die U-Bahn, Linie Verde, und fährt bis zur Endstation „Cais do Sobre“, um sich gegenüber in der Markthalle „da Ribeira“ von 1882 an einem oder mehreren der insgesamt 30 Restauranttresen so richtig zu verwöhnen. Denn dort kochen Spitzenköche wunderbare Köstlichkeiten zu angemessenen Preisen.
Oder aber, wenn das Wetter gut ist, spaziert man durch die Altstadt noch einmal hinunter auf den schon erwähnten „Praca do Comércio“ und setzt sich vor das Lokal „Can the Can“ in die Sonne und verspeist Spagetti mit Sardinen oder Steak mit Thymian und Anchovis. Dabei kann man ganz in Ruhe den riesigen Platz mit dem Triumphbogen „Arco da Rua Augusta“ und dem Reiterstandbild von König José I. betrachten und in der Ferne die imposante, 3,2 km lange „Ponte 25 de Abril“ im Dunst funkeln sehen.
 
Was für eine schöne Stadt!
Fotos: CO