Garten: Romantische Räume

Für Gartenfreunde hat der Name „Sissinghurst“ einen ganz speziellen Klang. Denn dort in der Grafschaft Kent haben die Schriftstellerin Vita Sackville-West und ihr Mann Harold Nicolson 1931 ein Anwesen erworben und darin einen riesigen, üppig bewachsenen, sehr romantischen Park angelegt, der heute jährlich von mehr als 180 000 begeisterten Menschen besucht wird. Das etwa 5 Hektar große Gelände teilte das Ehepaar in zehn gleich große Räume auf, um sie nach unterschiedlichen Themen einzurichen: So entstanden ein Rosen- und ein Bauerngarten, ein Linden- und ein Grabengang, ein Kräuter- und ein weißer Garten. Der Historiker Tim Richardson erläutert in seinem Buch jeden einzelnen Raum kenntnisreich und detailgenau und erzählt von dem berühmten Paar und seiner gemeinsamen Leidenschaft für das Gärtnern. Und spätestens, wenn man sich die herrlichen Bilder des Fotografen Jason Ingram angesehen hat, möchte man – Brexit hin, Brexit her – am liebsten sofort nach England aufbrechen.
Das Buch erscheint am 1.Juli.

Tim Richardson: Sissinghurst – Der Traumgarten, 224 S., 36 Euro, Gerstenberg,

 

Kunst: Aus dem Schatten geholt

Es ist gerade mal rund 100 Jahre her, da waren Frauen an Kunstakademien nicht zugelassen, und wenn sie sich dennoch der Malerei zuwandten, wurden ihre Bilder nicht ausgestellt. Das musste auch Mary Hertz, später Warburg (1866–1934) erfahren, die jetzt durch einen eindrucksvollen Kunstband wiederentdeckt wird. Auf einer Florenz-Reise lernte die Hamburgerin aus wohlhabendem Elternhaus den Kunst- und Kulturhistoriker Aby Warburg kennen, den sie 1897 heiratete. Sie unterstützte ihren Mann beim Aufbau seiner berühmten wissenschaftlichen Bibliothek und kümmerte sich um die drei Kinder – die Zeichnerin, Grafikerin und Bildhauerin blieb dabei weitgehend unbekannt. Zu Unrecht, wie die Kunsthistoriker Bärbel Hedinger und Michael Diers in der neuen Monografie unter Beweis stellen. Rund 900 Naturskizzen, Porträtzeichnungen und -reliefs sowie figürliche Plastiken umfasst das sorgfältig kommentierte Werkverzeichnis. Ergänzt wird es durch
Briefe und Tagebuchaufzeichnungen, in denen Mary Warburg etwa mitteilt, sie fühle sich, „als wenn mir die Flügel geschnitten sind“. Dass ihre Kunst zumindest gelegentlich für Abhilfe sorgte, dokumentiert derzeit das Ernst Barlach Haus im Hamburger Jenisch Park: Ab dem 4. Juni zeigt es eine Auswahl von rund 50 Arbeiten unter dem Ausstellungstitel „Im Augenblicke frei und glücklich“. UvS

Michael Diers, Bärbel Hedinger: Mary Warburg. Porträt einer Künstlerin. Leben und Werk. Hirmer Verlag, 536 S., 900 Abb. in Farbe, 68 Euro Fotos: Hersteller