Das Amphitheater der Anatomie

Etwas gruselig ist es schon! In der Mitte des rundum und an der Decke mit Holz getäfelten gar nicht besonders großen Raumes steht ein Marmortisch hinter einem Holzgeländer. Dort wurden schon im 17. Jahrhundert Leichen seziert, von einem Schlachter unter Aufsicht eines Medizin-Professors und unter den wachsamen Augen eines Kirchenvertreters. Das fand aber nur im Winter und nachts statt, denn sonst war es in Bologna einfach zu heiß. Die Holzwände sollten die Gerüche absorbieren, damit die rundum sitzenden und stehenden Medizinstudenten nicht umfielen. Zu riechen gibt es heute nichts mehr, aber die Vorstellung, wie hier einst seziert wurde, ist doch gewöhnungsbedürftig.
Das „Amphitheater der Anatomie“, dekoriert mit Wappen und geschnitzten, großen Figuren berühmter Chirurgen, die hier gelehrt haben, befindet sich in den kunstvoll ausgestatteten Räumen des Palazzo dell’ Archiginnasio, dessen Baubeginn auf 1564 datiert wird und in dem lange die Universität ihren Sitz hatte. Als offizielles Gründungsjahr des akademischen Lehrbetriebs gilt allerdings schon das Jahr 1088, und damit beherbergt Bologna die älteste Universität der westlichen Welt. Studiert haben hier zum Beispiel Erasmus von Rotterdam und Pier Paolo Pasolini, und als Professoren lehrten Umberto Eco und Romano Prodi.

Die riesige Basilika San Petronio

Schlendert man nun von der Piazza Galvani durch die Arkaden der Via dell’ Archiginnasio, dann erreicht man nach drei Minuten die Piazza Maggiore mit der Basilika San Petronio, dem Palazzo Comunale – heute das Rathaus –, dem Palazzo Podesta von etwa 1200 und um die Ecke dem Neptunbrunnen. Apropos Arkaden: Bologna hat 38 km sehr hohe Arkaden, so konnten auch Reiter im Schatten bleiben!
Die Basilika San Petronio ist mit einem umbauten Raum von 258 000 m3 die weltweit größte Backsteinkirche überhaupt. Baubeginn war 1390, die Fassade ist bis heute unvollendet. In der Basilika wurde Karl V. 1530 zum König von Italien gekrönt.
Der Neptunbrunnen mit seiner 3,35 m hohen Bronzeskulptur auf einem Sockel mit Delphinen und Sirenen wurde 1563 errichtet und wird liebevoll „der Riese“ genannt.
Von der Piazza Maggiore spazieren wir jetzt durch die kleine Gasse Via Pescherie Vecchie. Sollten Sie gerade einen kleinen Hunger verspüren, dann sind sie hier richtig. Viele winzige Lokale haben ihre Tisch vor der Tür stehen, und man serviert überall zumindest eine ordentliche Pasta. Und der Weißwein ist immer gut gekühlt!

Siette Chiese

Danach durch die Gasse, einmal links, einmal rechts über die Piazza della Mercanzia, und schon ist man auf der Piazza Santo Stefano, einem großen dreieckigen Platz ohne Autos, an dem die Kirche Santo Stefano liegt, die aus sieben Kirchen besteht, weshalb sie auch „Siette Chiese“ genannt wird. Geplant wurde sie im 12. Jahrhundert nach dem Vorbild der Grabeskirche in Jerusalem, und bis heute kann man von einer in die nächste wandeln, durch Kreuzgänge, Innenhöfe und kleine Gärten.
Sehr beeindruckend!
Auf dem Rückweg empfehlen wir den Weg durch die Via Caprarie und die Via degli Orefici, und dort sollten Sie dem Shop „Eataly“ einen Besuch abstatten. Wohl dem, der Italienisch lesen kann, denn der kann im Untergeschoss mit der Buchhandlung herrlich stöbern. Alle anderen werden sicher oben fündig, denn dort gibt es wunderbare Pastasoßen, ungewöhnliches Salz, Schokoladen, Bonbons, Nüsse und jede Menge Gewürze, alle sehr hübsch verpackt. Dazu natürlich Wein und Käse. Köstlich!

Asinelli und Garisenda,
die Geschlechtertürme

Um die Ecke stehen die beiden letzten Geschlechtertürme der Stadt: Asinelli (97,20 m hoch) und Garisenda (48 m hoch). Einst sollen es mal 180 in Bologna gewesen sein, durch die jede Familie ihre Bedeutung ausdrücken wollte.
Die beiden schiefen Türme sind das Wahrzeichen Bolognas, und wer gut zu Fuß ist, kann im Asinelli nach etwa 500 Stufen die spektakuläre Aussicht auf einen der schönsten und geschichtsträchtigsten Orte in der Emilia-Romagna genießen.
Alle anderen gehen jetzt auf die Piazza Maggiore und genehmigen sich einen Aperitif. Na dann, cin cin!

Fotos: CO