Bücher Geschichte_zeitgenoessische_Photographie_NEU_NEUFoto-Kunst. Schon ein Jahr nach seiner Gründung erwarb das New Yorker Museum of Modern Art 1930 die erste Fotografie; 1940 waren es bereits so viele, dass eine eigene Abteilung eingerichtet wurde, heute besitzt das Haus über 25000 Aufnahmen. Doch nicht nur die schiere Menge macht die Kollektion zu einer der bedeutendsten der Welt; Direktoren wie der berühmte Fotograf Edward Steichen sorgten auch für ein durchgehend hohes Niveau. Nachzuprüfen jetzt im eindrucksvollen letzten einer auf drei Bände angelegten Edition, der sich den Neuzugängen aus den Jahren 1960 bis heute widmet. Thematisch in acht große Kapitel gegliedert sind da von Robert Adams über Helen Levitt bis Gary Winograd fast alle Großen aus dieser Zeit versammelt; spektakuläre Reportage-Fotos fehlen ebenso wenig wie intime Porträts oder verschnurrte Experimental-Aufnahmen. Einziger – allerdings nicht unerheblicher – Mangel: Viele der Fotos sind viel zu klein abgebildet.

Hrsg. Quentin Bajac u. a.: Die große Geschichte der zeitgenössischen Photographie 1960 bis heute. 368 S., 642 Abb. Schirmer/Mosel Verlag. 78 Euro Foto: Schirmer/Mosel Verlag

Bücher faelschung-downloadFalsche Kunst. Warum malte Wolfgang Beltracchi im Stil von Heinrich Campendonk und Tom Keating so wie Rembrandt? Ging es John Myatt nur um Geld, als er Bilder von Chagall, Giacometti, Matisse und Jean Dubuffet produzierte? Der Kunsthistoriker und Spezialist für Kunstkriminalität Noah Charney spürt in seinem großartigen Buch „Original Meisterfälscher“ den diversen Gründen nach, aus denen seit der Antike gefälscht wurde. Einerseits lernten junge Maler durchs Kopieren, andererseits schmeichelte es den Kopisten, wenn ihre Werke für die von anderen, bedeutenderen Meistern gehalten wurden. Und auch das Motiv der Rache am Kunstbetrieb von erfolglosen Malern spielte häufig eine Rolle, genau wie Geltungssucht und das kalkulierte Ziel, nach einem Fälscherprozess endlich anerkannt zu werden. Eine lehrreiche und überaus spannende Lektüre, die verblüfft, manchmal entrüstet und häufig amüsiert.

Noah Charney: Original Meisterfälscher. 296 S., 120 Abb. Brandstätter Verlag. 29,90 Euro. Foto: Brandstätter Verlag

Sieveking_Verlag_Gioia_Natale.inddHandwerks-Kunst. Bunter und vielfältiger geht es kaum: In Neapels Via San Gregorio Armeno ist seit über 200 Jahren feines Kunsthandwerk zu besichtigen. Dort werden zur Weihnachtszeit zahllose Krippen – alte aus dem späten 18. Jahrhundert und neue von heute – mit farbenfrohen, detailliert ausgearbeiteten Figuren gezeigt, dort gibt es hinreißende Inszenierungen mit filigranen Nachbildungen von Tieren und Menschen, von Musikinstrumenten, Marktkörben, Möbeln und Geschirr zu bewundern. Und weil das Diözesanmuseum Freising selbst eine solche wunderschöne, barocke Krippe besitzt, stellt es sein Prachtexemplar hier mitsamt Neapels großer, lebendiger Krippen-Tradition vor. Zwar ist das Ergebnis ein wenig zu akademisch geraten (dafür vermisst man häufig Seitenzahlen und Bildlegenden), aber ein Spektakel an Farben und Formen ist es allemal.
Hrsg. Diözesanmuseum Freising: Buon Natale. 176 Seiten, 134 Abb., Sieveking Verlag, 39,90 Euro. Foto: Sieveking Verlag

Bücher Giacometti_PortraitsGrübel-Kunst. Berühmt machten ihn in der Mitte des vorigen Jahrhunderts seine extrem dünnen und überlangen Menschen-Statuen, doch mittlerweile finden auch die Porträts von Alberto Giacometti mehr und mehr Beachtung. Auf der Suche nach der „reinen Präsenz“ (so sein Freund Jean-Paul Sartre) schuf der 1901 in einem entlegenen Schweizer Bergtal geborene Künstler bis zu seinem Tod 1966 in Paris ganze Serien von Bildern (aber auch Skulpturen), in denen er der Essenz vertrauter Menschen wie seiner Eltern und Geschwister auf die Spur zu kommen suchte. Der englische Kunstwissenschaftler Paul Moorhouse hat eine Auswahl dieser oft existenzialistisch anmutenden Arbeiten für eine repräsentative Londoner Ausstellung zusammengestellt; im dazugehörigen Katalog werden Giacometti und sein Werk zudem knapp aber kenntnisreich vorgestellt. 

Paul Moorhouse: Giacometti Portraits. 192 S., 91 Abb. Schirmer/Mosel. 49,80 Euro. Foto: Schirmer/Mosel

Layout 1Detaillierte Kunst. Seine mit unnachahmlicher Raffinesse gemalten Gewänder haben sogar schon Modeschöpfer wie Cristóbal Balenciaga inspiriert: Francisco de Zurbarán (1598 bis 1664) gilt neben Diego Velazquez als der bedeutendste Maler des Goldenen Zeitalters in Spanien. Seine mystischen Bildwelten haben auch nach fast 400 Jahren nichts von ihrer Faszination verloren. Diesem Meister der europäischen Barock-Malerei verdanken wir nicht nur das wundervollste Lamm der Kunstgeschichte, mit einem Locken-Fell zum Greifen nah, sondern auch weibliche Heilige oder in sich gekehrte Mönche, die allesamt ohne die im Barock übliche Idealisierung ebenso subtil wie realistisch vor meist schwarzem Hintergrund auftauchen.

In Düsseldorf ist nun – zum ersten Mal in Deutschland – eine Retrospektive mit rund 70 Werken Zurbaráns zu sehen (bis 31. Januar 2016 im Museum Kunstpalast). Der begleitende Katalog ist eine Oper für die Augen, immer wieder präsentiert uns das Layout aufregende Detailansichten. Und was Zurbarans Bilder in den Köpfen heutiger Studenten der Düsseldorfer Akademie Mode & Design ausgelöst haben, zeigt eine Ausstellung im Belvedere (auch bis 31. Januar).

Hrsg. Beat Wismar u.a.: Zurbarán. 300 S., 170 Abb. Hirmer Verlag. 49,90 Euro. Foto: Hirmer Verlag

cov_Gartenlandschaft_vs061014.inddGrüne Kunst. Vier berühmte Gärten stellen die Autoren in ihren „Grenzenlosen Gartenträumen“ vor: Brody, Forst, Muskau und Branitz; alle liegen in der Lausitz nicht weit von einander entfernt. Der älteste – Brody (der auch einen polnischen Teil hat) – wurde bereits 1740 von Heinrich Graf von Brühl angepflanzt, der jüngste – der Rosengarten Forst – stammt von 1914 und entstand auf Initiative der Bürger von Forst. Die beiden anderen verdanken wir dem Fürsten Hermann von Pückler- Muskau, der aus Bad Muskau nach englischem Vorbild einen Landschaftsgarten mit Bergen und Tälern, Schluchten und Flussauen schuf und in Branitz ein ödes Gelände in ein Paradies verwandelte.

Alle Gärten werden mit vielen, romantischen Fotos gezeigt und detaillierte Texte erzählen ihre Entstehungsgeschichte. Im Winter kann man mit diesem Buch träumen, im Frühjahr muss man dann unbedingt hin und die herrlichen Parks besuchen.

Marina Heilmeyer/ Hans Bach: Grenzenlose Gartenträume – Bad Muskau, Branitz, Forst, Brody. 128 S., 52 Abb. Edfition Braus. 29,95 Euro. Foto: Edition Braus

mütter-töchterWohn-Künste. Was für eine schöne Idee! Einfach mal schauen, wie lebt die Mutter, wie wohnt die Tochter? Gibt es Parallelen, gibt es Unterschiede?  Was ist beiden wichtig in ihren Wohnungen, in ihrem Lebensstil, in ihren Beziehungen?

Die Autorin Stefanie von Wietersheim und die Fotografin Claudia von Boch haben prominente und weniger bekannte Mütter und ihre Töchter besucht und ausführlich befragt. So porträtieren sie mit intensiven Bildern und informativen Texten etwa Charlotte Knobloch und Tochter Sonia Jacobovitz, Nike Wagner und Tochter Louise Wagner, Rosetta Nosbusch und Tochter Désirée Nosbusch. Ein besonderes lesenswertes Highlight sind die Fragebögen, die alle Mütter und Töchter ausgefüllt haben und in denen es um die Farbe des Glücks und den Duft des Zuhauses geht, um gemeinsame Rituale und was einmal schwierig war im Verhältnis von Mutter und Tochter. Das finden sicher auch Väter und Brüder interessant.

Claudia von Boch/ Stefanie von Wietersheim: Mütter & Töchter. 192 S., Callwey Verlag. 29.95 Euro. Foto: Callwey Verlag

Bücher cover_helen_hessel_cover_rgbLesekunst. Sie ist das Vorbild für die Frau, die in dem wunderbaren Truffaut-Film „Jules und Jim“ liebte. Das wirkliche Leben der 1886 geborenen Berliner Bankierstochter Helen Grund (sie starb 1982 in Paris) war allerdings noch weitaus spannender. Bevor ihr klar wurde, dass sie nicht Malerin werden sondern schreiben wollte, war sie Schülerin von Käthe Kollwitz gewesen. Doch dann ging sie nach Paris, heiratete den Schriftsteller Franz Hessel, verkehrte mit Marcel Duchamp und Rainer Maria Rilke und berichtete vornehmlich für das Feuilleton der „Frankfurter Zeitung“ aus der Metropole an der Seine.

In ihren Artikeln aus den zwanziger und dreißiger Jahren, zusammengetragen in diesem Buch, zeichnet sie ein Bild des rauschhaften Lebens im Paris zwischen den Kriegen, sie erspürt, wie sich mit dem Wandel von Kleidungsstilen immer auch das Selbstverständnis der Frauen ändert, und sie gibt Einsichten in das künstlerische Zusammenspiel mit Man Ray, Marianne Breslauer oder Yva, die nicht selten ihre Reportagen mit der Kamera begleiten.
Sie war schräg, faszinierend, und sie hatte etwas zu erzählen, wie ihre Texte bis heute beweisen. Ihre schriftstellerische Begabung hat sie aber auch als Übersetzerin von Nabokovs „Lolita“ bewiesen und zudem offenbar an ihren Sohn, den Autor Stéphane Hessel weitergegeben („Empört Euch!“).
 
Helen Hessel: Ich schreibe aus Paris. Über die Mode, das Leben und die Liebe. 380 S., 75 Illustrationen, Nimbus Verlag, 36 Euro. Foto: Nimbus Verlag