Bücher

Das Huhn hat viel zu tun

Städter haben ja eher weniger Kontakt zu lebendigen Hühnern und wissen deshalb selten, dass Hühner sich gegenseitig erkennen und ihre Küken angeblich bis 5 zählen können. Das Federvieh ist nämlich überhaupt nicht dumm. Seine Gehirne ähneln den unseren.
Für Menschen ab acht haben jetzt die Autorin Evelien De Vlieger und der Zeichner Jan Hamstra dieses wunderbare Buch zusammengestellt. In farbenfrohen Bildern erzählen die beiden von der Herkunft des Huhns, der verzweigten Familie überall auf der Welt, von den verschiedenen Federn, Kämmen und Hauben, von ihrer bevorzugten Nahrung und den vielen verschiedenen Rassen. Aber damit nicht genug: Wussten Sie zum Beispiel, dass der Hahn im Islam das heiligste Tier ist? Und dass jedes Huhn zwischen Tock! und Piep! ganz unterschiedliche Laute von sich gibt. Man erfährt sogar, dass im Vatikan keine Hühner leben (er ist zu klein) und dass sie in der Antarktis verboten sind, denn die möglicherweise eingeschleppte Vogelgrippe würde die Pinguine gefährden.

Alles hängt zusammen

Wie geht das eigentlich mit der Bestäubung? Verteilen auch Säugetiere Samen? Was machen die Reiher auf den Elefanten? Und wofür brauchen wir so dringend Bäume? Für Menschen ab sechs Jahren hat die spanische Illustratorin Marian Ruiz sich mit diesen Fragen beschäftigt und sie mit zauberhaften Zeichnungen und kleinen Texten erklärt.
Und so lernen schon die Jüngsten mühelos, was Plankton ist, wie Symbiosen funktionieren und warum wir unser Ökosystem unbedingt schützen müssen.

Marina Ruiz: Freunde in der Natur – entdecke das erstaunliche Ökosystem der Erde, Laurence King Verlag, 48 S., 18 Euro.


 

Mama ist die Beste

In Düsseldorf hat man sich jetzt mit einem Thema beschäftigt, das uns alle angeht: Mama – mother, mère, madre, moeder, mor, mae. Der Untertitel umreißt den Zeitraum: von Maria bis Merkel. 
Die Ausstellung und auch der sehenswerte Katalog beschäftigen sich mit Alltagsthemen wie „Care-Arbeit“, „(K)ein Kind bekommen“ und „Familienkonstellationen“ sowie mit der „Mutterschaft in der Kunst“ , „Maria als Modell“ und „Die Mutter und die Fotografie“.

Kumm endlisch!

Das Motto dieses Buches über die Kulturhauptstadt 2025 ist die sächsische Aufforderung „Damber ne rum, kumm endlisch“ (Trödel nicht rum, komm endlich). Die beiden Autoren haben sich jedenfalls daran gehalten, Chemnitz und Umgebung ausführlich besucht  – und sind zu dem Ergebnis gekommen: Da muss man dieses Jahr unbedingt hin.
Denn wer sich z.B. für Architektur interessiert, kann hier im „sächischen Manchester“ frühe Industriebauten und Kirchen aus dem 14. Jahrhundert entdecken, wer Literatur liebt, sollte sich auf die Spuren von Stephan Hermlin und Stefan Heym machen, die beide in Chemnitz geboren wurden, und wer gern Kunst guckt, der findet in Chemnitz das famose Museum Gunzenhauser und das ebenfalls sehr sehenswerte Schlossbergmuseum.
Und auf der Website https://chemnitz2025.de/programm  sind alle Veranstaltungen für das ganze Kulturjahr aufgeführt.

K.M. Bresgott, J.-H. Claussen: Streifzüge durch Chemnitz und das Erzgebirge, 128 S., 140 Fotos, Monumente Publikationen, 22,90 Euro. Foto: Monumente

Fotos: Was für ein spannendes Jahrzehnt!

Waren schon ganz aufregend, die Achtziger – und wer noch mal nachschauen will, was in diesem turbulenten Jahrzehnt alles geschehen ist, der ist mit diesem üppigen Bildband gut bedient. Nicht zuletzt, weil es noch keine Handy-Kameras gab, sodass einem Fotos auf Schnappschussniveau weitgehend erspart bleiben. Aber zu sehen ist so ziemlich alles, was uns damals beschäftigt hat (und von dem wir vieles – tja – längst vergessen hatten): Ronald Reagan und Michail Gorbatschow machten sich daran, den Kalten Krieg zu beenden, Madonna stieg zum Weltstar auf, und die Graffiti-Kunst begann ihre internationale Karriere. Prince Charles heiratete Lady Di, der AIDS-Virus lehrte vor allem die Schwulenszene das Fürchten, und der Walkman machte NewWave und Beethoven endgültig transportabel. Sonderlich systematisch breitet der Band seine Schätze nicht aus – aber das ist nicht unbedingt ein Nachteil. Gerade dadurch wird die Fülle der Ereignisse, Trends und Moden augenfällig. Und was wohl auf jeden Fall stimmt: Damals begann, so Autor Carroll, „jene Zukunft, in der wir heute leben“.

Natur: Cornwalls üppige Gärten

Man glaubt es kaum, aber in England gedeihen Orangen, Limetten, Zitronen und Grapefruits, auch Rosen und Orchideen kann man entdecken. Zum Beispiel in den vielen Gärten Cornwalls, die nach Meinung von Sir Tim Smit, Musikproduzent, Gartenbauer und Archäologe, in das Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen werden müssten, wie er im Vorwort dieses Buches schreibt. In dem
stellt der Radio- und Fernsehjournalist Tim Hubbard zwanzig herrliche Gärten in Cornwall vor und erzählt die Geschichten der Anwesen und ihrer Eigentümer. Etwa die des „Burncoose House Garden“ und der Familie Williams, die schon ab 1715 hier ansässig war und sich als Kamelien- und Rhododendren-Züchter einen Namen machte. Oder die von Enys Gardens, die schon 1272 erwähnt wurden und später vom Naturforscher und Pflanzenkundler John Davies Enys und seinen aus Neuseeland mitgebrachten Farnen geprägt wurden.
Alle Gärten werden im Anhang mit Adressen, Telefonnummern und Öffnungszeiten aufgeführt. Und besonders schön: Die stimmungsvollen Bilder des Fotografenpaares Jo und Rob Whitworth helfen bestimmt über die grauen deutschen Wintertage hinweg.

Kunst: Monet und die Metropole

Ein bisschen schmal ist er ja geraten, dieser Katalog zu der Berliner Ausstellung „Monet und die impressionistische Stadt“ (bis zum 26.1.2025 in der Alten Nationalgalerie), doch selbst auf diesen gerade mal 120 Seiten ist zu sehen, mit welcher Verve der Landschaftsmaler Monet im Jahr 1867 von einem Balkon des Louvre aus seine Heimatstadt Paris (die er längst verlassen hatte) auf die Leinwand brachte. Die alten Meister im Rücken entdeckte er die Moderne, und sein faszinierter Blick auf die neue pulsierende Metropole, die der Stadtplaner Georges-Eugène Haussmann erst kurz zuvor aus dem Mittelalter in die Gegenwart katapultiert hatte, wurde stilbildend für eine ganze Reihe von Künstlern wie Gustave Caillebotte oder Camille Pissarro. Wie sehr den Impressionisten Monet das Motiv Stadt beschäftigte, dokumentiert auch die aktuelle Ausstellung „Monet and London – Views Of the Thames“ in der Londoner Courtauld Gallery (bis zum 19.1.2025): Auf einer Serie von 18 Bildern taucht der Maler die Waterloo- und die Charing Cross Bridge und das Westminster-Parlament in ein Bad aus flimmernden Farben und Formen.

Ein Koch erzählt

Er kann nicht nur kochen, er kann auch davon erzählen. Stevan Paul, der in Sterneküchen gelernt hat, ist mittlerweile Autor für Zeitschriften und Rundfunk und hat bereits ein gutes Dutzend Bücher veröffentlicht. Im neuesten erzählt er uns dreizehn Geschichten über kulinarische Erlebnisse: wie etwa eine Zukunft ohne Fleisch aussehen könnte, wie sich Massagen beim Bäcker anfühlen oder was die Kichererbsen der verwirrten Senora Dolores so besonders macht. Und dabei nimmt er uns mit von Berlin nach Japan, von Spanien nach Indien, und zu jeder Geschichte kredenzt er ein passendes Rezept – zum Beispiel den Chicorée Salat mit Miso-Paste, eine gut geknetete Focaccia, einen Cheeseburger mit Pilzen oder Currywurst mit Ananassaft. Nicht zu vergessen der Kichererbsen-Eintopf der unvergesslichen Senora Dolores!
www.stevanpaul.de 

Stevan Paul: Die Kichererbsen der Senora Dolores. 208 S., Mairisch Verlag, 22 Euro 
Foto: Mairisch Verlag

Geschichten vom Zeichner

Ein Cartoonist ohne Humor? Gibt es nicht! Zeichnen können viele, aber für einen richtig guten Cartoon braucht man schon viel Humor, gern auch völlig schrägen. Und genau beobachten sollte man ebenfalls können.
Unser Lieblings-Cartoonist Peter Butschkow hat Humor, und beobachten kann er auch ziemlich gut. Das beweist er mit seinem neuen Geschichten-Buch, das so heißt  wie es ist: Lustig.
Darin erzählt er aus seinem Leben, zum Beispiel von seiner Schulzeit mit verzweifelten Lehrern und dem ersten Zungenkuss, einem neugierigen Besuch am Nacktbadestrand und der gräßlichen Erfahrung als Guide bei einer Fahrradtour. In achtzig fröhlichen und  skurrilen Geschichten folgt man so unserem Zeichner durch sein bewegtes Leben – bis zu seinem Ende, das er sich auch schon mal höchst spektakulär vorstellt.

Peter Butschkow: Lustig. 310 S., Konkursbuch Verlag, 16 Euro 
Foto: Konkursbuch Verlag

Nudeln für jede Lebenslage

„Wir beide sind ganz verrückt nach Nudeln“, schreibt das Autorenpaar in seinem Vorwort. Für dieses Buch sind die beiden durch die Welt gereist, haben unterschiedliche Nudeln, überraschende Zubereitungsarten, verschiedene Soßen, unbekannte Gewürze und eben die leckersten Rezepte gesammelt. So kann man sich hier von Italien (Rigatoni Carbonara) über Belgien (Casarecce mit Miesmuscheln) nach China (Chow Mein), über Vietnam (Bun Bo Hue) und Japan (Ramen) bis nach Korea (Feuertopf) rund um den Globus und durch 75 herrliche Nudelgerichte probieren. Dazu gibt es jede Menge Tipps für Zutaten und Toppings.
Macht süchtig!

Mike & Stephanie Le: Nudeln, Nudeln, Nudeln, 272 S., Dorling Kindersley, 26,95 Euro 
Foto: Dorling Kindersley

Melancholie in Bilder

Einsamkeit war sein großes, beherrschendes Thema. Und wo ließ sie sich eindringlicher und trostloser darstellen als in einer Großstadt wie New York? Bis zu seinem Tode 1967 malte Edward Hopper (geb. 1882), der seit 1913 in der Metropole am Hudson River gewohnt hatte, immer wieder verlorene Menschen, die abwesend vor sich hinstarren, und verlassene Straßen, deren Ödnis von der Leere in der Millionenstadt künden. Das Whitney Museum, das Hoppers umfangreichen Nachlass bekam, widmete dem Künstler 2022 die große Ausstellung „Hopper’s New York“, und Lutz Schirmer, Deutschlands umtriebigster Kunstverleger, spendierte sich und allen Hopper-Fans jetzt zum 50-jährigen Jubiläum seines Verlags die deutsche Ausgabe des Katalogs: ein opulenter Prachtband, der noch einmal mit einer geradezu überwältigenden Materialfülle den prominenten Rang belegt, den Amerikas bedeutendster Realist in der Geschichte der Klassischen Moderne einnimmt. PM

Edward Hopper New York. 256 S. Schirmer/Mosel. 68 Euro. Foto: Schirmer/Mosel

 

Lebensgeschichten

Der Architekt und Designer Matteo Thun, geboren 1952 in Südtirol, ist sicher einer der Vielseitigsten seiner Zunft. Er hat nicht nur 1981 die epochemachende Gruppe Memphis mit Ettore Sottsass zusammen gegründet und war Professor an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien, er entwarf u.a. auch mit seinem eigenen Büro Uhren für Swatch und Vasen für Tiffany, baute ein Hotel in Venedig und eines in Hamburg.
Kein Wunder, dass ihn eine normale Biografie nicht interessierte – lieber erzählte er der Autorin Sherin Kneifl 72 Geschichten aus seinem Leben. So erfährt man in ihrem gemeinsamen Buch auch Privates über seine Kindheit in einem Schloss bei Bozen, wo im Winter aus Kostengründen nur zwei Zimmer geheizt wurden, über eine seiner Großtanten, die mit Max Ernst und Picasso befreundet war, oder über Karl Lagerfeld, der alle seine ersten Entwürfe für Memphis auf einmal kaufte. Sehr hübsch auch die Anekdote mit Keith Haring, der Thun in Mailand besuchte, bevor er so richtig berühmt wurde und in Thuns Lieblingslokal einen weißen Pasta-Teller mit Filzstift bemalte.

Plätze für die Seele

Welcher Ort für jemanden zum „Soul Place“ wird, ist natürlich ganz individuell. Der eine braucht tiefe Stille oder fröhliche Lebendigkeit, der andere beeindruckende Architektur oder großartige Natur. Der Verlag Reise Know How hat sich das zum Prinzip für seine Reiseführer gemacht. In diesem gibt der Autor Dr. Andreas Drouve, gelernter Germanist, Hispanist und Völkerkundler, seine spanischen Seelenplätze preis – achtzig an der Zahl.Dazu gehören so bekannte wie La Seu, die Kathedrale in Palma de Mallorca, oder Ronda, die kleine Stadt mit dem großen Canyon, aber auch einsame Buchten im Naturpark Cabo de Gata-Nijar oder der Friedhof von Alcoi. Jedem Platz ist eine Doppelseite gewidmet mit Fotos, ausführlicher Beschreibung und Begründung, warum es ein Soul Place ist, und außerdem hilfreichen Adressen, Webseiten und Terminen. In einer Übersichtskarte sind alle „Soul Places“ eingezeichnet – man muss also nur noch hinfahren.

Andreas Drouve: Soul Places Spanien– Die Seele Spaniens spüren.

Welche Pracht

„Für Cottage-Gärten“, schreibt der britische Fotograf und Autor Mark Bolton, „gibt es keine Regeln…..jeder kann so einen wilden, bescheidenen und genügsamen Garten gestalten“. Damit wir Leser aber doch ein bisschen Hilfe bekommen, hat Bolton dieses Buch gemacht. Darin erläutert er, wie er seinen kleinen Garten angelegt und mit viel Geduld zu großer Pracht gebracht hat. Er nimmt uns mit durchs Gartenjahr, erklärt, was wann gemacht werden muss, empfiehlt Werkzeuge und Pflanzgefäße, wirbt für einen Schuppen und einen Komposthaufen, und nicht zuletzt gibt der Fotograf Tipps, wie man sein Paradies im Bild festhält. Ergänzt wird der üppige Band mit vier Reportagen anderer Gärten und einem ausführlichen Pflanzenregister.
Ein Buch zum Schwelgen – auch für Balkonbesitzer.

Mark Bolton: Ich träume von einem Cottage-Garten 224 S., Callwey, 39,95 Euro. Foto: Callwey

 
Welche Freude

Ach, was waren das für Zeiten, als das Glück von Abermillionen Musikfans in einer 30 mal 30 Zentimeter großen Papphülle steckte, die man ebenso stolz wie sorgsam nach Hause brachte, dort noch mal eingehend das Bild vorne drauf betrachtete, um dann eine runde Scheibe hervorzuziehen und sie vorsichtig auf einen Plattenteller zu legen und dann…Vorbei.

Foersters Garten

Garten-Fans kennen natürlich den Namen Karl Foerster (1874-1970), des legendären Gärtners und Pflanzenzüchters. Und manch einer hat schon seinen prachtvollen Garten in Potsdam-Bornim besucht. Von1990 bis zu ihrem Tod 2010 übernahm Tochter Marianne Foerster, die bei ihrem Vater gelernt hatte und anschließend dreissig Jahre in Belgien arbeitete, die Leitung des Anwesens. Heute gehört es der Marianne-Foerster-Stiftung. Ihr Garten-Tagebuch von 2003 hat der Landschaftsarchitekt Ulrich Timm jetzt ergänzt und aktualisiert, und ausserdem ist der Band mit neuen prächtigen Fotos von Ferdinand Graf Luckner illustriert worden. So kann man den Autoren durchs Gartenjahr folgen, bekommt Tipps zum Bepflanzen verschiedener Stauden, Gräser und Blumen und Empfehlungen für Farbkompositionen, zum Beispiel dieser: „Es gibt niemals genug weiße Blüten in einem Beet, Weiß trennt und verbindet, hebt andere Farben hervor, Weiß ist unerlässlich.“

Marianne Foerster: Der Garten meines Vaters Karl Foerster. 160 S., 180 Abb. Prestel. 38 Euro Foto: Prestel

Grüne Gedichte

Erstaunlich, wie viele Literaten sich Gärten anlegten, in der Natur schrieben und gerne Bäume, Stauden, Hecken, Gemüse und Blumen pflanzten.

Was für eine Frau

Von ihr stammt das fast schon ikonische Foto der jungen Amerikanerin, die 1951 ebenso so beklommen wie tapfer auf einer Straße in Florenz an einer Gruppe gaffender und feixender Männer vorbeigeht – doch das ist längst nicht das einzige Bild, mit dem die US-Fotografin Ruth Orkin (1921-1985) das frühe Selbstbewusstsein von Frauen im 20. Jahrhundert dokumentierte. Immer wieder richtete sie in den vierziger und fünfziger Jahren ihre Kamera auf Geschlechtsgenossinnen, die sich in einer ziemlich überheblichen Männerwelt durchzusetzen wussten oder auch einfach ihren eigenen Weg gingen. Und ob es ein Filmstar wie Lauren Bacall war, eine Kellnerin oder eine Stewardess, sie alle hatten mit Konventionen wenig am Hut. Lange galten viele dieser eindrucksvollen Aufnahmen als verschollen – für die Berliner Ausstellung „Women“ (noch bis zum 18. Februar) wurden sie jetzt wiederentdeckt, und der Katalog präsentiert sie für die Zeit danach. PM 

Ruth Orkin: Women.144 S., ca.

Auskunft ohne Grenzen

Heute, in den Zeiten von GPS und Google Maps, sind sie weitgehend entbehrlich, aber bis vor ein paar Jahrzehnten wurden sie dringend gebraucht, wenn es darum ging, sich in der Welt zurechtzufinden. Und so haben Karten (und Atlanten) denn auch eine lange Karriere hinter sich, wie der britische Historiker Philip Parker in diesem höchst informativen Buch beweist. Sie beginnt um 6000 v. Chr. in der kleinasiatischen Siedlung Çatalhöyük mit einer kruden Zeichnung auf einem Stein, um danach immer wieder neue und oft verblüffende Anläufe zu verzeichnen, die Erde möglichst genau darzustellen, bis dann im 16. Jahrhundert gleich zwei Kartenwerke entstehen, die bis heute als Klassiker gelten: die prächtigen Atlanten der Kartografen Abraham Ortelius und Gerardus Mercartor. Seither wurden die Karten immer präziser – und gelegentlich auch perfider. So wurden aus politischen Gründen Grenzen verschoben oder Namen falsch wiedergegeben. Fazit nach 250 Seiten spannender Lektüre: Karten ersetzen zwar kein Geschichtsbuch, aber wie der Mensch sein Wissen über seinen Planeten erweiterte, darüber geben sie sehr anschaulich Auskunft.  

Kunst: Glanzvoller Umbruch

Wer die italienische Kunst liebt, ist sicher schon in der Alten Pinakothek in München gewesen. Derzeit widmet sich das Haus der Kunst Venedigs in der Renaissance. Damals, vor 500 Jahren, erlebte die Lagunenstadt mit Künstlern wie Bellini, Giorgione oder Tintoretto und Tizian eine unnachahmliche Perfektion der figürlichen Malerei. Vor allem Werke von Tizian faszinieren uns bis heute und beeinflussten Maler und Malerinnen bis in die europäische Moderne.
Die reiche Handelsstadt Venedig war allerdings schon seinerzeit ein Zentrum der Innovation. Die Malkunst florierte, und die großen Meister begannen, sich intensiv mit dem Wesen von Mensch und Natur zu beschäftigen. So spiegelten Porträts das zeitgenössische Selbstverständnis der Menschen, und Landschaften ließen einen Traum von Arkadien erahnen. 
Anschaulich vermittelt der Bildband dazu in verständlich gehaltenen Aufsätzen kunsthistorische Hintergründe, und wer mag, kann gleich neueste Forschungsergebnisse nachlesen.
Die umfangreich bebilderte Publikation zur Münchner Schau (bis zum 4.2.2024) ist zwar nicht so opulent geraten wie wir das eigentlich von Bänden zur italienischen Kunst kennen, sondern erscheint diesmal nur als Klappbroschur – schwelgen lässt sich darin aber dennoch.

Nett sein!

 

Ratgeber-Bücher mag man oder man mag sie nicht. Die einen finden sie hilfreich für ihr Leben, die anderen lassen sich ungern hineinreden. Aber wie überall, sind auch hier Pauschalurteile nie richtig. Also schaut man am besten in die Bücher hinein, bevor man urteilt.

Bei diesem Buch waren wir zuerst überrascht, dann angetan und schließlich haben wir uns festgelesen – und uns sehr gut amüsiert.

Es ist sehr attraktiv gestaltet mit zarten Farben, schönen Schriften, tollen Fotos, interessanten Textkästen und erstaunlichen bis lustigen Zwischentiteln. Das Thema, wie bin ich netter zu mir in Bezug auf meine Wohnsituation, wird an den Räumen einer Wohnung und dem Leben der Autorin erzählt. So geht es im Kapitel „30 ist das neue 60“ – wer hätte das gedacht – um das Wäschewaschen. Und wussten Sie, dass Babyseife ein Schnüffelstück für die Seele ist? Oder, dass jeder ein Recht auf Krempel hat? Oder, dass Drahtbügel doof sind?…

Bücher, Bücher und noch eins!

Der Cartoonist Peter Gaymann – ja, genau, der mit den Hühnern –
liebt außer dem Federvieh ganz besonders bedrucktes Papier – Bücher sind für ihn lebenswichtig. Und da es von dieser Spezies noch immer jede Menge gibt, hat er ihnen allen jetzt ein Buch gewidmet. Jeder seiner hier versammelten Cartoons beschäftigt sich mit Lesern, Büchern, Buchhandlungen und Autoren. Unser Liebling ist dabei der mit dem unrasierten Trinker vor der Bücherwand, der sein Glas hebt und ausruft: „Proust!“

Peter Gaymann: Noch’n Buch?! – Cartoons für alle Bücherfans 70 Seiten, Chr. Belser Verlag, 18 Euro.
   

Rembrandt oder Papageien?

Jetzt ist es an der Zeit für den nächsten Frühling vorzusorgen: Tulpenzwiebeln zum Beispiel sollten im Oktober/November

gesetzt werden, damit im März die ersten Blüten da sind. Wie man das macht, was Tulpen mögen und nicht mögen, welche Farben, Größen und Sorten es gibt (Rembrandt- oder Papageien-Tulpen etwa), wie man sie am besten kombiniert, welche Erde ihnen bekommt, ob sie lieber im Topf oder im Beet wachsen und welche Feinde sie haben, steht alles im neuen Buch der Garten-Bloggerin Sarah Stiller, kombiniert mit üppigen Fotos verschiedener Fotografen.…

Einfach – und so schmackhaft

Wer einmal dort war, der vergisst sie nie wieder – die Amalfi-Küste.
Und auch die Küche dieser Region ist bemerkenswert. Meist ist sie relativ einfach mit wenigen regionalen Zutaten zuzubereiten und doch immer überaus schmackhaft. Die Autorin Ursula Ferrigno hat ihre Kindheit hier verbracht und lebt heute in London. Für dieses Buch hat sie die Rezepte ihrer italienischen Familie zusammengetragen, die herrlichen Fotos stammen von der australischen Fotografin Nassima Rothacker. Und schon beim Blättern möchte man alles sofort probieren, die gerösteten Paprikaschoten, die Ricottapastete, die Chicorée-Ravioli, die Kalbsschnitzel mit Kapernsauce, den Feigensalat und nicht zuletzt den Amalfi-Zitronenkuchen.

Ursula Ferrigno/Nassima Rothacker: Die Küche von Amalfi, 192 Seiten, Gerstenberg Verlag, 30 Euro.


 

Süß – und so lecker

Tava bezeichnet eigentlich eine Pfanne, in der man Fladenbrot backt. Als Titel des Kochbuchs von Irina Georgescu meint es aber ein Serviertablett, auf dem die Autorin uns 80 süße Rezepte anbietet.