Unser Kolumnist, der Ungar Péter Pál Meleghy, ist Autor vieler Reiseführer und Kochbücher und schreibt für verschiedene deutsche Zeitschriften. Er lebt in Hamburg und Budapest und betreibt die Website www.ungarnaktuell.de, außerdem die beiden Literaturseiten www.phantastisch-realistische-literatur.de und www.ein-oscar-fuer-hitler.com

Jagen auf Ungarisch oder Bitte antreten zum Heldentod

Für Jäger ist Ungarn seit jeher verlockend. Schon vor Jahrhunderten schossen hier die Reichen und Mächtigen (Männer) auf wilde Tiere. Mit Kaiser Franz Josef I., den Esterházis und Batthyányis kam der gesamte europäische Hochadel. Selbst in den dunklen Zeiten des Kommunismus traf sich hier der Geldadel aus dem Westen mit dem politischen Adel aus dem Osten, darunter János Kádár und Erich Honecker. Karl Friedrich Flick erlegte in den 1970er Jahren südlich des Balaton/Plattensees unzählige Wildgänse, während die nach ihm benannte Steueraffäre Westdeutschland erschütterte. Schließlich kaufte Carlo Benetton 2008 bei einem Jagdausflug eines der schönsten Jagdschlösser, früher Eigentum der Adelsfamilie Széchenyi (deren Spross István die Kettenbrücke erträumte). Der Prunkbau liegt in Westungarn in einem weitläufigen Eichenpark.

Verführerisch für das Jägerherz waren und sind die gut gehegten Hirsche mit stattlichen Geweihen, Rehe, Wildschweine und Mufflons aber auch die wahrhaft unzähligen Wildgänse. Die Wasservögel werden nach der Methode des russischen Verhaltensforschers Pawlow frühzeitig zum Fliegen animiert: Erst die Flugstunde, dann gibt’s Fressen. Wichtig außerdem sind die einheimischen Begleiter. Die erfahrenen Jäger flüstern dem Gast auf dem Hochsitz das Gewicht der Trophäe, etwa eines Rothirsches, ins Ohr. Ein wertvoller Hinweis. Denn wenn der fremde Jäger im Voraus für ein Geweih von fünf Kilo bezahlt hat, möchte er kein Tier erschießen, dessen Kopfschmuck kleiner ist. Größer sollte der aber auch nicht sein, denn dann müsste er nachzahlen. Und nicht zu wenig.

Gar nicht mit Geld aufzuwiegen ist die innige Bekanntschaft der Berufsjäger mit den wertvollsten Rothirschen in ihrem Revier. Diese Tiere haben Namen. So gehört es zum magyarischen Jagdritual, etwa einem königlichen Zwölfender, der gut 9000 Euro einbringt, seinen Auftritt vorher mitzuteilen. Etwa so: „Attila, es ist soweit. Bitte antreten zum Heldentod! Wir haben es am Hochsitz neben der alten Eiche für sechs Uhr morgens geplant. Und bitten um eine gewisse Pünktlichkeit!“

Foto: privat/wikipedia