MelegyUnser neuer Kolumnist, der Ungar Peter Meleghy, ist Autor vieler Reiseführer und Kochbücher und schreibt für verschiedene deutsche Zeitschriften. Er lebt in Hamburg und Budapest und betreibt die Website www.ungarnaktuell.de.

Neue Dichtung in Ungarn. Die ungarische Regierung sponsert absurde Dichtung. Die besten Werke veröffentlicht sie auf Großplakaten. Mein Liebling: Die Einwanderer arbeiten nicht, und sie nehmen uns die Arbeit! 

Dazu erkläre ich hiermit an Eides Statt, dass ich der ungarischen Sprache und des Lesens mächtig bin, und dass ich diesen Satz auf einem großflächigen Plakat in Budapest selbst, ohne fremde Hilfe, gelesen – allerdings nicht verstanden habe. Sicher bin ich jedoch, dass alle Dadaisten vor Neid erblassen würden über diese komprimierte Absurdität – die nicht sie ausgedacht haben. Gleichzeitig denke ich mit Wehmut an die deutsche Klarheit der Formulierungen in Wahlkampfzeiten der 1980er Jahre: „Asylantenflut!“, „Das Boot ist voll!“, „Scheinasylanten!“ Das waren noch Zeiten!
Inzwischen haben die deutschen Regierungen gelernt, dass Einwanderer im Allgemeinen gern arbeiten, den Bevölkerungsschwund mindern, die Rentenkassen aufbessern – wenn man sich anfangs um sie kümmert.
Ob das die ungarischen Regierungen auch lernen werden? Hoffentlich! Hoffentlich bald! Denn bereits im Jahre 1000 hat ihr erster König und Reichsgründer Stefan im Nachlass für seinen Sohn eindringlich erklärt, wie wichtig die Fremden mit ihren andersartigen Kulturen für den geistigen und materiellen Reichtum des Reiches seien. Keine Frage: Auch das waren noch Zeiten!