Schon mal rohe Roulade probiert? Das ist neben Heidschnucke, Heidehonig, Heidegeist (Schnaps) und Heidesand (Kekse) eine Spezialität in Celle, die auch gern als „Löwenfutter“ bezeichnet wird. Dazu wird eine ganz dünne Scheibe Rindfleisch aus der Oberschale mit Senf bestrichen, mit Speck und Zwiebeln belegt, und mit einer speziellen Gewürzmischung – geheim, geheim! – verfeinert, dann aber eben nicht geschmort. Jedes Lokal rollt seine eigene spezielle Gewürzmischung mit hinein. Gibt es zum Beispiel im Restaurant „Bier-Akademie“ als Vorspeise oder Hauptgang mit Graubrot oder knusprigen Bratkartoffeln. Für Fleisch-Liebhaber ein Hochgenuss!

Aber beileibe nicht der einzige. In der Celler Altstadt findet man jedenfalls auffällig viele Restaurants, mit deutscher, italienischer oder internationaler Küche, es gibt Chinesen und Griechen, Steakhäuser und jede Menge nette Cafes. Das Museum-Café zum Beispiel am Markt, gleich neben der Stadtkirche St. Marien von 1308 und dem alten Rathaus mit dem Tourismusbüro, serviert als Spezialität Bienenstich und Maracuja-Torte.

Celle hat fast fünfhundert Fachwerkhäuser, alle gut restauriert und sehr hübsch bemalt. Das älteste steht in der Straße Am Heiligen Kreuz 26 und ist datiert auf 1526, das prächtigste ist wohl das Hoppener Haus, erbaut 1532 in der Poststraße, Ecke Rundestraße. Es hat üppige Schnitzereien, Fratzen und Fabelwesen, Reptilien, närrische Figuren und Standespersonen jener Zeit. Genau davor steht ein Pipenposten, ein Brauchwasserbrunnen, mit einem Wappenlöwen. Drei solcher öffentlicher Brunnen gab es schon im Mittelalter, gespeist mit sauberem Wasser aus der Aller, das in ausgehöhlten Baumstämmen, den Pipen, weiter transportiert wurde.

Fachwerkhäuser wurden schon vor über 2000 Jahren gebaut, bereits 33 v.Chr. erwähnte sie der römische Architekt Vitruv in seinem Werk „De Architectura“. Auch damals errichtete man schon Skelettbauten aus Holz, die mit schräg eingesetzten Streben verstärkt wurden, die „Fächer“ füllte man mit Astgeflecht und Lehm. Vermutet wird, dass der Begriff Fachwerk vom mittelhochdeutschen „Vach“ = Flechtwerk stammt. Verbreitet war diese Bauweise in Europa, im Baltikum, in Russland, und auch in Australien, USA und Japan kam sie vor.

Von der Poststraße biegt man jetzt links in die Bergstraße und geht bis zum Platz Im Kreise. Dort ist in zwei schmalen Fachwerkhäuschen ein kleines Museum zum jüdischen Leben in Celle und im Hinterhaus eine Synagoge eingerichtet, die es hier bereits seit 1740 gab. In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 zerschlugen Nationalsozialisten die Synagoge mit zwölf Thorarollen, Kultgegenständen und der gesamten Bücherei, steckten sie aber nicht an, weil sonst möglicherweise umliegende Häuser auch gebrannt hätten. Im April gibt es im Museum eine Ausstellung zu „Feldrabbinern in der deutschen Armee im Ersten Weltkrieg“ und ein Konzert der „Hamburg Klezmer Band“.

Weiter geht es zur Zöllner Straße. Wenn Sie zufällig um 11, 13 oder 17 Uhr dort an der Ecke Poststraße vorbei kommen, bleiben Sie unbedingt stehen. Ganz pünktlich erklingt ein Glockenspiel aus 16 Bronzeglocken, und dazu ziehen fünf Holzfiguren in einem Umlaufkasten vorbei. Sie zeigen Celler Persönlichkeiten wie den Stadtgründer Otto den Strengen (1266 -1330), den Reformator Ernst den Bekenner (1497-1546), die dänische Königin Caroline Mathilde (1751-1775), die wegen einer Affäre nach Celle verbannt wurde, und die Dichter Ludwig Christoph Heinrich Hölty (1748-1776) und Hermann Löns (1866-1914).

Wenn man jetzt vorbei am Museums-Cafe in Richtung Schlossplatz geht, erreicht man dem Schloss gegenüber das Heimatmuseum Bomann, gegründet 1892, und gleich daneben das erste 24-Stunden Kunstmuseum der Welt. Am Tag besucht man in dem Glaskubus Ausstellungen, bei Nacht überraschen außen vielfarbige Licht- und Klanginstallationen die Betrachter.

Die barocken Staatsgemächer im Welfenschloss, die Hofkapelle mit Renaissance-Ausstattung und das kleine Theater im Schlossturm von 1675 sollte man sich unbedingt ansehen. Dazu kann man sich dann auch von der wechselvollen Geschichte am Hof, von untreuen Frauen und machtpolitischen Händeln der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg berichten lassen.

Zur Entspannung schlendert man anschließend vielleicht durch die vierreihige Lindenallee im Französischen Garten und weiter zur Hannoverschen Straße. Dort serviert man im besten Restaurant der Stadt, dem sternbekrönten „Endtenfang“ im Hotel Fürstenhof einen Klassiker: die Ente in drei Gängen, zubereitet nach einer französischen Methode. Also vorher lieber nicht von der – allerdings auch köstlichen – Maracuja-Torte naschen!

Fotos: CO