IFStadtsp. 2 joelow-res-lobby-gramercy-park-hotelDie einen finden, dass so etwas in unseren überwiegend demokratischen Zeiten gar nicht geht. Den anderen ist die Demokratie ausnahmsweise mal egal, sie freuen sich einfach an dem Grün, auch wenn sie es nur durch Gitterstäbe genießen können.

Denn der 8.000 qm große Gramercy Park mitten in Manhattan mit seinen riesigen Bäumen, bunten Beeten, geharkten Wegen, Statuen, Kunstobjekten und Holzbänken ist in Privatbesitz. Allerdings gehört er nicht einer Einzelperson, sondern den Bewohnern der etwa sechzig Häuser rund um die Anlage, die ihren Schlüssel mit gekauft oder gemietet haben.
 
Wenn man also die Lexington Avenue von Norden her oder vom Flatiron Building die 22. Straße aus Westen kommt, betritt man rund um den Park eine ganz eigene Welt. Man würde sich nicht wundern, käme eine Lady im bodenlangen Kleid mit Sonnenschirm in einer Pferdekutsche vorgefahren.

Gleich an der Ecke Lexington und 21. Street könnte sie aussteigen, dort steht das Gramercy Park Hotel. Um 1830 im Renaissance-Stil errichtet und 1925 zum ersten Mal neu gestaltet, ist es bis heute vor allem bei Künstlern, Schriftstellern, Schauspielern und Designern beliebt. 1926 schloss Humphrey Bogart auf der Dachterrasse des Hotels seine erste Ehe mit Helen Menken. Jahre später tobte der junge John F. Kennedy ein paar Monate auf den Fluren herum. In den 60ern und 70ern stiegen die Rolling Stones hier ab, die Beatles, Bob Marley und Bob Dylan. 2006 ließ der neue Eigentümer Aby Rosen das Haus von dem britischen Architekten John Pawson und dem Künstler und Oscar-prämierten Filmregisseur Julian Schnabel in eins der prächtigsten Hotels in New York verwandeln. Gehen Sie hinein, schauen Sie sich wenigstens die atemberaubende Halle an, oder nehmen Sie einen Drink auf der Dachterrasse.
 
IFDie meisten Häuser rund um den Gramercy Park stammen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. 1831 hatte der Kaufmann und Politiker Samuel B. Ruggles von einem Nachfahren des aus Holland gebürtigen New-York-Gründers Peter Stuyvesant (1612 bis 1672) ein Stück Sumpf gekauft, das damals weit nördlich der befestigten Stadt lag. Es gehörte zur „Gramercy-Farm, dem „Tausend-Dank-Hof“. (Es gibt aber auch die Vermutung, Gramercy käme vom holländischen „Krom Moerasje“, etwa: kleiner Morast.) Um Käufer für seine Neubauten zu finden, legte Ruggles als Anreiz diesen Park an.

Einer der ersten Anwohner war Peter Cooper (1791 bis 1883) , der sich sowohl als Stadtrat wie auch als Erfinder und Unternehmer einen Namen machte. 1845 reichte er ein Patent für die Herstellung von Gelatine ein, und 1858 gelang es ihm, zusammen mit Samuel Morse das erste transatlantische Kabel zu verlegen.
 
IF IF IFUm die Ecke vom Hotel, im Gramercy Park West Nr. 3 und 4, stehen noch zwei Häuser von 1846, am Gramercy Park South wurde Nr. 16 von 1845 bereits 1888 restauriert. Der gefeierte Schauspieler Edwin Booth, Bruder des Lincoln-Attentäters John Wilkes Booth, kaufte das zweigeschossige Brownstone mit Renaissance-Balkonen 1888 und machte daraus einen Club für Theaterleute, er nannte ihn „The Players“. In seiner berühmtesten Rolle als Hamlet steht Edwin Booth als Statue mitten im Park gegenüber.
 
Nebenan, in Nr. 15, residiert ein anderer Club, der private „National Arts Club“, der seine Ausstellungen auch zeitweise für Nicht-Clubmitglieder öffnet. Das Haus gehörte einmal Samuel J. Tilden, der 1874 zum Gouverneur von New York gewählt wurde und zwei Jahre später vergeblich versuchte, Präsident der USA zu werden.
 
IFBiegen Sie jetzt rechts um die Ecke in die Straße „Irving Place“, die gar kein Platz ist. In Nr. 55 hat der Schriftsteller O. Henry, der eigentlich William Sydney Porter hieß, gewohnt. Man sagt, einige seiner berühmten New Yorker Erzählungen habe er in „Pete’s Tavern“ (Ecke 18. Street) geschrieben, die als älteste Kneipe New Yorks gilt. Nehmen Sie auf der Straße davor Platz und schauen Sie dem Getriebe zu oder lassen Sie sich drinnen an der enorm langen Bar nieder. Einen anständigen Burger serviert man Ihnen drinnen und draußen.
 
Vielleicht haben Sie aber Lust auf Exotischeres? Dann gehen Sie einige Schritte weiter ins „Casa Mono“, wo es Lamm mit Schokosauce und Enteneier mit Schwarzem Trüffel zu probieren gibt.
 
Sehr empfehlenswert ist außerdem der „Bedford Cheese Shop“ mit Spezereien aus aller Welt und einer Käsetheke, die auch in Frankreich eine gute Figur machen würde.
 
Stadtsp. 1 18 gramercy Park 2Übrigens: Wenn Sie doch unbedingt den Park mal von innen erleben möchten, gibt es natürlich ein paar Möglichkeiten. Erstens: Sie heiraten jemanden, der hier Wohnung und Parkschlüssel besitzt. Zweitens: Sie gönnen sich ein paar Übernachtungen im „Gramercy Park Hotel“ inklusive Parkzugang, das kostet Sie ab etwa 350 Dollar die Nacht. Oder drittens: Sie suchen auf den entsprechenden Websites eine private Ferien-Wohnung am Gramercy Park mit eigenem Schlüssel.

Und dann sitzen Sie ganz entspannt auf einer Bank neben der Statue von Edwin Booth, füttern Eichhörnchen und schauen durch die dicht belaubten Bäume und den mannshohen Gitter-Zaun auf uns, die Touristen ohne Schlüssel.
 

Fotos: CO/18Gramercy Park