KulinarischeK- TofuKulinarik Martin Lagoda_8631Tofu von Aldi. Klingt gewöhnungsbedürftig, ist aber Fakt. Spätestens dann, wenn ein Produkt in den Regalen der Discounter liegt, ist es kein Nischen-, Minderheiten- oder ein noch unbekanntes Innovationsprodukt mehr, sondern hat es in die erste Reihe der umsatzstarken Konsumwaren geschafft. Man kann jetzt also kein Verirrter mehr sein, wenn man sich das Sojaerzeugnis Tofu statt Fleisch in die Pfanne haut. Doch jetzt das: In einem Statement, das der Berliner Sternekoch Michael Hoffmann (“Margaux“) kürzlich der Welt am Sonntag gab, fragt er: „Wieso gilt es als ethisch verantwortlich, Tofu zu essen, wenn für den Anbau von Soja der Regenwald abgeholzt wird?“ Ach, ist das so? Tatsächlich werden die Regenwälder nicht allein zugunsten von Viehzucht und Maisanbau zerstört, sondern auch für großflächige Sojaplantagen. Da sitzen die Tofufreunde unter den Vegetariern und jenen, die den Aufruf der Grünen zu einem Veggie Day nicht (bewusst) missverstanden haben, anscheinend in der Ökofalle.
Aber lassen wir uns nicht verrückt machen. Soja wird zu einem Großteil auch in Ländern und Regionen ohne Regenwald angebaut. Und nur spärliche zwei Prozent der Sojaernte weltweit landen auf unseren Tellern und nicht in den Futtertrögen oder als Biodiesel im Benzintank. Für dieses Bisschen jedoch müsste man ganz sicher keinen Regenwald opfern. Esst also Eure Tofuwurst mit gutem Gewissen! Und nichts wäre dem Image der gesunden Eiweißbombe abträglicher als eine dogmatische Diskussion darüber, ob man nicht doch eine Spur Regenwald durchschmeckt.

Martin Lagoda ist Food-Journalist, Ex-Chefredakteur Essen&Trinken und Buchautor. In seinen gelegentlichen Veggie-Phasen kommt Tofu allerdings nicht vor, weil er findet, dass man ihn nicht wirklich braucht, und schmecken tut er ihm (leider) auch nicht. Kontakt über www.snowdon-lagoda.de