Er ist hässlich, aber praktisch. Der Tunnel, der in der norditalienischen Stadt Brescia unter dem Castello hindurchführt, verbindet die Neu- mit der Altstadt und war einst als Luftschutzkeller gebaut worden. Erst in den 1960er Jahren brach man ihn auf und machte ihn zur Straße. Wer ihn nicht durchqueren möchte, kann natürlich auch erst mal zum Castello hinauf steigen und sich so einen Überblick über Brescia verschaffen. In der Bronzezeit hatte es auf dem Hügel „Colle Cidneo“ bereits Siedlungen gegeben, die Gallier bauten hier den ersten Tempel, und das Castello, so wie es dort heute noch steht, stammt aus dem Mittelalter.
Sehenswert sind neben dem grandiosen Ausblick die Zugbrücke, der Gefangenenturm und das reich bestückte
Waffenmuseum.
Hinunter geht es dann über die Via del Castello direkt zur Piazza Paolo VI, auch genannt Piazza Duomo. Dabei müsste er eigentlich Platz der zwei Dome heißen, denn direkt neben dem „Duomo Vecchio“, der Rotonda aus dem 11. Jahrhundert, steht der
„Duomo Nuovo“ im Stilgemisch aus Spätbarock bis Rokoko. Beide Kirchen können – und sollten – besichtigt werden, allerdings sind sie zwischen 12 und 16 Uhr geschlossen.

Also erst mal im Straßencafé den Durst löschen oder ein paar Schritte weiter zum schönsten Platz Brescias gehen, der
„Piazza della Loggia“. Falls gerade Samstag ist, haben Sie doppelt Glück, denn dann ist Markt, ein typisch italienisches Vergnügen mit Gemüse und Obst, Schuhen und T-Shirts, Taschen à la Prada, Gucci und Co. Das frei stehende, weiße Gebäude mit den Säulen und dem Runddach ist die prachtvolle Loggia, von 1492 bis 1570, zum Teil mit Beteiligung des berühmten Architekten Andrea Palladio, als Regierungssitz gebaut. Das Kuppeldach entstand aber erst 1914 im Stile Palladios.

Auf der anderen Seite des Platzes findet man eine astronomische Uhr aus dem 16. Jahrhundert, die noch immer funktioniert. Schauen Sie zur vollen Stunde unbedingt hinauf, zwei gusseiserne Figuren, die „Verrückten der Stunde“, schlagen hoch oben auf dem Turm die Glocke.
Natürlich gibt es auch hier zwei oder drei Cafés, zum Beispiel das traditionsreiche „Caffè de la Stampa“, in dem gern die Honoratioren der Stadt einkehren. Falls es jetzt Zeit für einen frischen Weißwein, einen Prosecco oder einen Spritz ist, bekommen Sie hier überall ein Tellerchen mit köstlichen Kleinigkeiten dazu serviert, ein bisschen Schinken und Mortadella etwa, Oliven und ein paar Bröckchen Parmesan. So überbrückt der Italiener die Zeit vom Aperitif bis zum späten Abendessen, eine wunderbare Sitte.

Gut gestärkt schlendern Sie dann die Via X Giornate unter den schönen Arkaden entlang. Hier befanden sich im Mittelalter die Werkstätten der Metallgießer, die Brescia damals reich machten. Man kann hier einerseits feine Geschäfte und Galerien an- und andererseits den eleganten Italienerinnen beim Shoppen zuschauen. Auf halber Strecke sieht man auf der rechten Seite einen Durchgang zur
Piazza Vittoria. Gucken Sie sich den Platz mal kurz an, dort hat der Duce, Benito Mussolini, in den 30er Jahren das mittelalterliche Viertel der „Diebe und Dirnen“ abreißen und seine protzigen Monumentalbauten hochziehen lassen. Ziemlich scheußlich.
Am Ende der Arkadengänge erreicht man dann das imposante
„Teatro Grande“, das seit 300 Jahren immer wieder an- und umgebaut wurde. Versuchen Sie unbedingt hinein zu kommen, es ist phantastisch, üppig dekoriert, mit viel Gold und reichlich Schnörkeln.


Schräg gegenüber, an der Ecke Via Mazzini und Corso Magenta, residiert in einem schlichten Bau, ganz zurückhaltend, eine Filiale des
Kaufhauses Coin. Das wäre eigentlich nicht erwähnenswert, gäbe es dort nicht im obersten Stockwerk ein modernes Café mit einer großen Terrasse. Von dort hat man eine phantastische Aussicht auf das Castello, die Türme und Dächer der Altstadt und ins weite Land hinaus. Und auch auf den tristen, aber praktischen Tunnel.
Fotos: CO