Am Anfang liegt wieder mal die Wurst im Senf. Denn jeder Bremen-Besuch beginnt mit einer „Guten vom Rost“ beim Stockhinger am „Unser Lieben Frauen Kirchhof“ um die Ecke vom Roland. Die gutgelaunten Damen, die eine leckere Bratwurst nach der anderen mit einem weichen Brötchen auf die Porzellanteller balancieren, sollen die am meisten fotografierten Frauen der Hansestadt sein. Übrigens kann der Besucher bei Stockhinger herumstehen, bevor er wieder abreist und zwischendurch sowieso und immer wieder … Geöffnet ist nämlich sieben Tage die Woche von morgens halb zehn bis kurz vor Mitternacht!

Wenn einem die Wurst aber völlig wurscht ist, kann man auch gleich vor dem schönen Hauptbahnhof, der 1891 im Stil des Historismus von Hubert Stier gebaut worden ist und seit 1973 unter Denkmalschutz steht, in die Straßenbahn Nummer 4 steigen und zwei Stationen bis „Am Dobben“ fahren. Von dort sind es nur wenige Minuten zur Straße „Auf den Häfen“ und zum besten Möbelhaus der Stadt: „Popo – Sitzmöbel und Stehschränke“ bietet Klassiker und neuestes Design zum Anschauen und Ausprobieren und natürlich zum Erwerben. Beraten wird auch ziemlich gut, da ist man – schwupp – neu eingerichtet! Gleich nebenan hat sich der befreundete Mitbewerber „Treibholz – natürliche Einrichtungen“ etabliert. In der Tradition der amerikanischen Shaker-Sekte, die ihre schlichten Möbel aus Naturmaterialien in sorgfältiger Handarbeit herstellte, gibt es bei Treibholz nur Massivholz-Möbel von Handwerkern, die nicht mit belasteten Spanplatten oder Kunststoff arbeiten. Dazu gehören Zeitraum und Team 7, Wittmann und Cor.

Den „schönsten Tante-Emma-Laden Deutschlands“ – so wurde er 1974 ausgezeichnet – gibt es zwei Straßen weiter im Ostertorsteinweg Nr. 6: „Wilhelm Holtorf Colonialwaren von 1874“ wurde 1903 renoviert, ist seither ein Jugendstilkleinod und steht unter Denkmalschutz. Hier ist Einkaufen noch immer ein durch und durch sinnlicher Genuss. Jetzt steht man schon im „Viertel“. Gemeint ist das Ostertorviertel, mit vielen kleinen Läden, Kneipen und Cafés, wo die Szene zuhause ist und sich tout Bremen amüsiert. Ein paar Schritte weiter beginnt die Kulturmeile mitten durch die Wallanlagen mit dem Schauspielhaus, dem Theater am Goetheplatz, dem Designzentrum im Wilhelm-Wagenfeld-Haus und der Kunsthalle mit dem sehenswerten, neuen Anbau der Berliner Architekten Hufnagel, Pütz, Rafaelian.

Von dort aus überquert man den „Altenwall“ und biegt links in den „Schnoor“, den ältesten Teil Bremens mit kleinen verwinkelten Gassen, in denen Galerien, Kunsthandwerker und jede Menge Gastronomen auf Touristen lauern. Trotzdem ist das kleine Viertel sehenswert. Der Schnoor – von niederdeutsch Snoor für Schnur  – war einst Sitz des Schiffshandwerks, in einem Teil wurden Taue und Seile, im anderen Draht und Ankerketten gefertigt. Die ältesten Häuser im Schnoor sind von 1401/2. Wer jetzt einkehren möchte, hat an der nahe gelegenen „Schlachte“ direkt an der Weserpromenade jede Menge Auswahl: Cafes, Eisdielen, Biergärten, Bars und Restaurants. Auf der fest vertäuten Fregatte „Admiral Nelson“ zum Beispiel gibt es „Pannekoek“ (Pfannkuchen) mit Speck oder Käse, mit Nutella oder Blaubeeren, mit Curry- oder Erdnusssauce.

Zurück zum Marktplatz geht man natürlich durch die berühmte, aus dem Mittelalter stammende Böttcherstraße, die von dem Bremer Kaffeekaufmann und Erfinder des koffeinfreien Kaffees Ludwig Roselius ab 1902 auf eigene Kosten restauriert und durch spektakuläre Bauten ergänzt wurde. Zum Beispiel das Paula-Becker-Modersohn-Haus: Es wurde 1926/27 von dem expressionistischen Architekten Bernhard Hoetger erbaut und beherbergt heute eine Sammlung der Gemälde der Künstlerin.

Auf dem Marktplatz angekommen, steht man vor dem 1404 errichteten Roland, dem mehr als zehn Meter großen Wahrzeichen Bremens. Eine Legende besagt, Bremen sei so lange frei und selbständig, so lange der Roland stehe. Manche meinen, dass deshalb bestimmt irgendwo ein zweiter Roland versteckt sei. Zur Not gibt es jedenfalls eine 150 cm große Kopie aus Holz in New Yorks Stadtteil Brooklyn, die Bremen 1890 ehemaligen Bürgern geschenkt hat. Ein weiteres Wahrzeichen findet man gleich um die Ecke an der linken Seite des Rathauses: Die Bremer Stadtmusikanten. Die Bronze-Skulptur stammt vom Bildhauer Gerhard Marcks und steht dort seit 1953. Manche glauben, man müsse die Vorderbeine des Esels umfassen und sich dabei etwas wünschen, das gehe auf jeden Fall in Erfüllung. Na ja, versuchen kann man es ja mal.

Nun noch ein intensiver Blick in den schönen aus der Romanik stammenden Dom und ins prächtige Renaissance-Rathaus, in dem alljährlich die weltberühmte Schaffermahlzeit stattfindet, zu der nur Herren in Frack und Zylinder zugelassen sind und bei der es unglaubliche Mengen zu essen (sechs Gänge: von Hühnersuppe über Stockfisch und Grünkohl bis zu Sardellen und Käse) und unwahrscheinlich viele Reden zu hören gibt.

Apropos Hunger: Die Damen vom Stockhinger sind nicht weit! (Fotos: CO)