Bald ist Weihnachten
 
Und hier kommen die schönsten Bücher, die Sie gut verschenken (oder selbst behalten) können, sie machen nämlich glücklich!

 

Kunst: Das eigene Selbst

Gesichter erzählen Geschichten: So wie Schriftsteller häufig eigene Spuren in ihren Romane hinterlassen, so erkunden bildende Künstler das eigene Ich im Selbstporträt. Die zahlreichen Selbstbildnisse von Vincent van Gogh etwa lassen sich wie ein autobiografischer Befund lesen. Auch Pablo Picasso, so der Kunsthistoriker Uwe M. Schneede in seinem neuen Buch, wählte regelmäßig das Selbstporträt, um seine Lebenskapitel zu kennzeichnen: Es sind „Ich-Botschaften“, die Auskunft geben über jugendliches „Aufbegehren“, über „Selbstbehauptung“ in späten Jahren bis hin zur „Selbstergründung“ gelebter Herausforderungen. Bei Marina Abramovic mündet sie in Performance-Arbeiten mit dem ganzen Körper.

Die mit viel Bedacht ausgewählten Abbildungen liefern ein Kaleidoskop großer Kunst des 20. Jahrhunderts. Was den Band überdies bemerkenswert macht, ist sein inzwischen 83jähriger Autor.  Schneede, von 1991 bis 2006 Direktor der Hamburger Kunsthalle und einer der großen Kenner der Moderne, präsentiert hier den Schatz seiner klugen Erkenntnisse – und somit, darf man wohl annehmen, ebenfalls eine Darstellung seiner Selbst. UvS

Uwe M. Schneede: Ich! Selbstbildnisse in der Moderne. Von Vincent van Gogh bis Marina Abramovic, 240 S., mit 96 Abb., Ch. Beck, 29,95 Euro.
 

Kunst: Meret Oppenheim

Eine mit Pelz umwickelte Tasse hat sie 1936 berühmt gemacht: Danach gab es kaum mehr eine Surrealisten-Ausstellung, an der die Künstlerin mit den Deutsch-Schweizer Wurzeln nicht beteiligt war.

Meret Oppenheim (1913 bis 1985) war rätselhaft, bildschön und von überbordender Phantasie. Kaum 20jährig zog sie nach Paris, damals das Zentrum der Avantgarde. Sie befreundete sich mit Alberto Giacometti und Hans Arp, begann eine Liebesaffäre mit Max Ernst und inspirierte Man Ray zu einem erotischen Fotozyklus, der ihr den Beinamen „Muse der Surrealisten“ einbrachte.

Spröde war sie nur, wenn es um Hinweise zu ihrer eigenen Person ging, da beschränkte sie sich lieber auf dürre Fakten. Um so ergiebiger ist daher ihr autobiografisches Album „Von der Kindheit bis 1943“, das nun zusammen mit ihrer handgeschriebenen Biografie von ihrer Nichte und Nachlassverwalterin Lisa Wenger und der Kunsthistorikerin Martina Corgnati einfühlsam und kenntnisreich herausgegeben wurde. Fotos, Zeichnungen und Notizen geben „Einblick ins Innerste“, lassen erahnen, wie die scheue Künstlerin dachte und fühlte. Und so gerät die Lektüre zu einem staunenden Stöbern in einer  faszinierenden Zauberkiste. UvS

Lisa Wenger, Martina Corgnati: Meret Oppenheim – Mein Album. 324 S., 179 farbige Abb., Scheidegger & Spiess, 48 Euro
 

Kunst: George Grosz

Der Mann machte sich keine Illusionen. „Der Mensch ist nicht gut“, befand George Grosz, „sondern ein Vieh.“ Den Beweis trat der 1893 in Berlin geborene Gastwirtssohn alsbald an. Auf Hunderten von Blättern und Leinwänden karikierte er nach dem Ende des Ersten Weltkriegs Politiker und Generäle, Geistliche und Spekulanten mit solch unerbittlicher Schärfe, dass ihn die so zur Kenntlichkeit entstellten Typen immer wieder vor Gericht zerrten. Doch das focht den überzeugten Kriegsgegner, der seinen Namen aus Abscheu vor dem deutschen Militarismus 1916 anglisierte, nicht an. Unermüdlich kämpfte er weiter gegen Obrigkeit und Untertanengeist; 1933 emigrierte er in die USA, kurz nach seiner Rückkehr starb er 1959 in Berlin. In der Stuttgarter Staatsgalerie ist jetzt noch einmal seine ganze Empörung und sein ganzer Zorn zu besichtigen; der Katalog liefert die angemessene Begleitung. PM

George Grosz in Berlin. 180 S., 100 Abb. Hirmer. 38 Euro

Kunst: Jean-Michel Basquiat

Schon der Umschlag ist wie ein Faustschlag: Ein pechschwarzes Gesicht, darin ein bedrohliches weißes Augenpaar, auf dem Kopf wild aufgedrehte Haarzöpfe. Das martialische Porträt ist durchaus Programm. Seit er als Teenager die ersten Grafitti an Wände in New York krakelte, wo er 1960 geboren wurde, protestierte Jean-Michel Basquiat, gegen den Rassismus in den USA vor allem, aber auch gegen Unterdrückung und Ausbeutung weltweit. Ein paar tausend Werke entstanden so bis zu seinem frühen Drogen-Tod 1988: ungestüme Attacken mit Pinsel, Stift, Kreide oder Kohle und in einer ganz eigenen Bildsprache, die den Kunstmarkt der achtziger Jahre so furios aufmischten, dass Basquiat zum ersten afroamerikanischen Star der Szene avancierte. Mit rund 50 Arbeiten dokumentiert die Wiener Albertina derzeit, wie aktuell die Botschaft dieses Rebellen immer noch ist. PM

Dieter Buchhart u.a.: Jean-Michel Basquiat. 216 S., 85 farbige, 12 s/w-Abb. Prestel. 45 Euro

 

Fotografie: Annie Leibovitz

Keine Frage: Sie zählt längst zu den ganz Großen ihres Metiers. Und darum hat sich der Taschen-Verlag (ohnehin bekannt für schwergewichtige Prachtbände) jetzt erneut nicht lumpen lassen und Annie Leibowitz einen weiteren opulenten Buch-Klotz gewidmet: eine auf knapp 6 Kilo verschlankte und damit auch deutlich billigere Neuausgabe ihres legendären 50 Kilo schweren SUMO-Wälzers von 2014. Beeindruckend wie das Format ist der Inhalt geblieben, denn seit ihren Anfängen beim Musikmagazin „Rolling Stone“ 1970 hat die inzwischen 73-Jährige so gut wie alle porträtiert, die in der US-Popkultur (und darüber hinaus) einen Namen haben. Keith Haring fehlt ebenso wenig wie Queen Elizabeth, Tennessee Williams kam vor ihre Kamera und auch Joni Mitchell. Das Ergebnis ist eine höchst unterhaltsame und zugleich informative fotografische „Achterbahnfahrt“ (Leibovitz) durch die letzten paar Jahrzehnte.
Für die Lektüre allerdings dringend empfohlen: ein stabiler Tisch. PM

Annie Leibovitz. 556 S. Taschen. 125 Euro
 

Fotografie: In Bonn

Schon eine beeindruckende Sammlung, die das Kunstmuseum Bonn da in rund 50 Jahren aufgebaut hat: ein paar tausend Aufnahmen von 131 Fotografen – Respekt. Der Katalog, der die Kollektion jetzt erstmals vorstellt, kommt allerdings ein wenig reserviert daher. Schon das Titelbild gibt Rätsel auf; ist das tatsächlich eine Fotografie? Ist es und insofern ein Beleg dafür, wie weit sich die einst in Künstlerkreisen eher verachtete Disziplin in weniger als 2 Jahrhunderten entwickelt hat. In Bonn sind vor allem Arbeiten zu sehen, die nach 1945 in Deutschland entstanden sind: die stilbildenden Industriefotografien von Bernd und Hilla Becher ebenso wie Aufnahmen ihrer Schüler Andreas Gursky oder Thomas Struth, die Politikerporträts von Barbara Klemm ebenso wie die grotesken Inszenierungen von Jürgen Klauke. Wer also wissen will, was mit der Kamera inzwischen alles möglich ist, erhält in diesem Band viele Informationen. PM

Jan Philipp Nühlen, Barbara J. Scheuermann: Fotografie im Kunstmuseum Bonn. 263 S., 885 Abb. Wienand. 38 Euro
 

Design: Geschichte

Seit es Menschen gibt, gibt es auch Design. In den Anfängen aber ging es nur um die Funktion eines bearbeiteten Gegenstands, Form, Optik, Material und Proportionen wurden erst später wichtig. In diesem Buch geben die Autoren einen Überblick über Design, beginnend bei der „Arts & Crafts“ Bewegung von 1850 bis 1920 über die Moderne von 1910 bis 1939 bis zur heutigen Zeit. In jedem Kapitel werden die wichtigsten Personen (z.B. Antoni Gaudi, Marcel Breuer, Dieter Rams, Verner Panton, Philippe Starck) und Firmen (z.B. Thonet, Tiffany, Habitat, Flos, Ikea) ausführlich beschrieben und ihre wichtigsten Werke gezeigt. Dazwischen findet man immer wieder Doppelseiten mit Beispielen zur Entwicklung etwa von Fotoapparaten, Fahrrädern, Schreibmaschinen und Computern. Ein gutes Glossar und ein umfangreiches Register runden den Überblick ab. Ein wirklich empfehlenswertes Buch für jeden, der sich für Design interessiert. CO

Alexandra Black und andere: Design – Die visuelle Geschichte, 400 S., 1200 Abb., Dorling Kindersley, 49,95 Euro.
 

Küche: Amalfi

Ob es daran liegt, dass die Autoren in England, wo sie mehrere Restaurants betreiben, Heimweh haben? Jedenfalls haben sie für dieses schöne Buch einfach nachzukochende Rezepte aus ihrer Heimat, der Amalfiküste, zusammengestellt. Die Fotografin Helen Cathcart hat dazu herrliche Fotos beigesteuert, zu Leckereien wie gefüllten Zucchiniblüten, neapolitanischer Fleischsauce und Mandelküchlein und von der wunderschönen Landschaft rund um Amalfi und ihren Menschen. Am liebsten möchte man schon beim Blättern sofort nach Positano aufbrechen, oder zumindest gleich mal Fenchel mit Thymian rösten, ein Huhn mit Zitronen braten und Miesmuscheln mit Pfeffer kochen. CO

Katie & Giancarlo Caldesi: Amalfi Küche – Rezepte aus Italiens Süden, 272 S., Prestel,
30 Euro.

 

Küche: Brot

Wir Deutschen gelten als Brot-Liebhaber, was man schon an dem Namen einer unserer Mahlzeiten erkennen kann: Abendbrot. Aber am meisten essen wir Toastbrot – 27,9 % des Gesamtabsatzes. Das ist ziemlich schade, denn statt Massenware aus Fabriken sollten wir uns lieber bei Bäckern bedienen, die das Handwerk aufrecht erhalten und ganz wunderbare Brote backen.
Kennenzulernen in diesem hochinteressanten Buch der Food-Journalistin Maren Schwarz mit wunderbaren Fotos und fünfzehn Reportagen, in denen Bäcker in Deutschland, Wien und Zürich vorgestellt werden, die von ihrer Motivation berichten, ihre besonderen Brote erklären und jeweils ein Rezept zum Nachbacken herausrücken. Im Anhang werden Zutaten, Gerätschaften und Grundrezepte beschrieben und Tipps zum Selbständig-machen als Bäcker gegeben. Am Schluss steht noch eine amüsante Sammlung von regionalen Begriffen für das Endstück unser aller täglich Brot: Boppes, Gnuscht, Knurz, Rungsen und Sterzl! CO

Maren Schwarz: Aus Liebe zum Brot, 208 S., Callwey, 45 Euro

 

Küche: Pfeffer

Gewürzhändler nannte man gern „Pfeffersäcke“, und hohe Preise sind schon ewig „gepfeffert“. Wie es zu solchen Bezeichnungen kam und wie der Handel mit Pfeffer (und anderen Gewürzen) aus Indien über Land und Meer seit vielen tausend Jahren funktioniert, hat das Autorenpaar Nathalie und Konrad Pernstich sehr unterhaltsam aufgeschrieben. Dazu erläutern sie den Anbau und die Ernte der verschiedenen Pfeffersorten und stellen jede Menge pikante und süße Rezepte mit den scharfen Körnern vor: die Burmesische Pfeffersuppe, Pilze mit grünem Pfeffer, Fischtartar mit kambodschanischer Pfeffersauce oder Pistazieneis mit rosa Pfeffer. CO

Nathalie und Konrad Pernstich: Pfeffer – Rezepte und Geschichten um Macht, Gier und Lust, 272 S., Mandelbaum Verlag, 28 Euro.

 

Mode: Das kleine Schwarze

„Schwarz“, befand schon vor etlichen Jahren Christian Dior, „ kann man immer tragen. In jedem Alter, zu jedem Anlass.“  Marilyn Monroe, Twiggy, Whitney Houston, Lady Di und Michelle Obama schlüpften denn auch wieder und wieder in das „Kleine Schwarze“ und machten damit immer eine gute Figur. Die Zeichnerin Megan Hess hat sie alle in ihren schwarzen Roben für ihr Büchlein in Schwarzweiß gezeichnet, Jackie Kennedy und Aretha Franklin, Edith Piaf und Audrey Hepburn, nur die rot geschminkten Münder leuchten heraus. Einige kleine Texte und Zitate begleiten die fantastischen Zeichnungen, zu denen man sich allerdings gelegentlich ein Foto der jeweiligen eleganten Dame im original „Kleinen Schwarzen“ gewünscht hätte. CO

Megan Hess: Das kleine Schwarze, 144 S., Prestel, 15 Euro

 

Sachbuch: Alles vom Dreck

Eine saubere Sache dieses Buch, obwohl es sich doch um ein eher schmuddeliges Thema handelt. Akkurat zwischen zwei Buchdeckeln ist hier versammelt, was die Journalistin Monika Utnik-Strugala und der Illustrator Piotr Socha an Anrüchigem in der Weltgeschichte gefunden haben. Wobei sie sich nicht auf den Schmutz beschränken – auch was der Menschheit seit den alten Ägyptern eingefallen ist, um Kehricht und Gestank zu besiegen, haben sie notiert. Und weil das alles höchst anschaulich, kurzweilig und informativ in Wort und Bild geschieht, gewinnt man dem Dreck fast schon ein paar positive Seiten ab. Wenn da nur nicht immer dieser fürchterliche Unrat wäre. PM

Piotr Socha, Monika Utnik-Strugala: Das Buch vom Dreck. Eine nicht ganz so feine Geschichte von Schmutz, Krankheit und Hygiene. Ab 8 Jahren 216 S. Gerstenberg. 30 Euro
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