Schick ist es nicht, das Karolinen-, genannt Karoviertel. Aber das kleine Gebiet zwischen den imposanten Messehallen aus Glas, dem alten Schlachthof mit Backsteinfassade und dem Heiligengeistfeld, wo dreimal im Jahr das Volksfest „Hamburger Dom“ stattfindet, ist sympathisch bunt, rummelig – und ungeheuer kreativ.

Bevor man hier bummeln geht, wo 1633 eine Ölmühle gebaut und bei der Abwehr dänischer Truppen 1686 wieder zerstört wurde, muss man sich also unbedingt stärken. Zum Beispiel bei Martina Olufs, die in der Karolinenstraße 27, genau gegenüber der Station “Messehallen” der U-Bahn-Linie 2, ihr „Kochkontor“ (links) betreibt, in dem man in den neuesten Kochbüchern blättern und gleichzeitig zu Mittag essen kann. Das Kochkontor-Team bereitet jeden Tag ein anderes Rezept aus einem neuen Kochbuch zu, das man dann gleich kaufen kann (www.koch-kontor.de). Im Karoviertel öffnen die Läden eh erst mittags.

Auf dem Weg zur Marktstraße kommt man bei „Anna Fuchs“ vorbei, die tragbare Mode in „Elb-Eleganz“ zeigt.  Nächste Straße rechts ist die Carolinenpassage, denn das Karoviertel schrieb sich früher mal mit C.
Ein paar Schritte weiter beginnt die Marktstraße, das Herz des Stadtteils. Hier reihen sich freche Modeläden an urige Kneipen, witzige Wohn-Designläden an Galerien (siehe auch das Buch des Monats). Einen ausgiebigen Besuch wert sind zum Beispiel „Anna Golightly“ (Nr. 147) mit ihren Heidikissen und geheimnisvollen „Schnuff-Stempeln“. Oder „Redesign“ (auch Nr. 147, s. links), wo Christina Schellhorn Neu aus Alt macht, also Kleider aus Gardinen, Lampen aus Landkarten, Taschen aus Pelzmützen und Etageren aus Tellern und Eierbechern. Bei „Lecker Wohnen“ (Nr. 142) kauft man Moin-Moin-Becher und in „Gretchens Villa“ nebenan serviert Stefanie Herbst zum Cappuccino „Feines aus der Küche“.
Für einen Abstecher biegen wir jetzt links in die Glashüttenstraße ein, die so heißt, weil hier einmal die Glashütte eines Unternehmers namens Brunnemann stand, die um 1800 stillgelegt wurde. Hier verkauft „Liebgewonnen“ tadellose Vintage-Klamotten und Thomas Stahlschmidt seine verrückten „Coton Doux“-Hemden in Türkis oder Violett, mit Autos, Motorrädern oder Pin-up-girls (www.endhemd.com). 

Zurück in der Marktstraße bietet Silvie Jungbluth (Nr. 25) in ihrem  Shop „Jungbluth-Design“ lustige Tellerröcke und stramme Unterbrustkorsetts und Inga Thomas (Nr. 119) ihre heißen Highheels und flotten Pantöffelchen an. Gegenüber residiert „Herr von Eden“, der feine unter den aufregenden jungen Modedesignern.
Die Geschichte des Karoviertels beginnt eigentlich mit zwei Katastrophen. Die Franzosen unter Napoleon legten Feuer nach der Besetzung Hamburgs beim Abzug 1814; der große Hamburger Brand von 1842, der in der Altstadt mehrere Zehntausend Menschen obdachlos machte, beförderte den Aufbau der Vorstadt St. Pauli, „Hülfswohnungen“ entstanden in der Marktstraße. 1857 wurde hier – Sensation! – ein Sielsystem angelegt.
Kurz vor der Brücke über die U-Bahn in Richtung Schanzenviertel gibt es seit 1996 die „Grüne Oase Ölmühlenplatz“, einen winzigen Park mit Bäumen, Bänken und Spielplatz und heute zwei Lokalen, dem Cafe „Yoko Mono“ mit Jazz und Soul live und dem „Mangold“, einem Speiselokal mit Galerie.
Wer jetzt genug hat, der geht links um die Ecke zur Feldstraße und steigt in die U-Bahn Linie 3 zurück in die Innenstadt.
Wer noch etwas ganz Besonderes erleben möchte, der kann dem „Hamam in Hamburg“ einen feuchtheißen Besuch zur völligen Entspannung abstatten oder sich bei „Maegde u. Knechte“ (Feldstraße 44, s. links)  mit flotten Sprüchen auf T-Shirts, Seesäcken, Lätzchen und Waschbeuteln eindecken. Zum Beispiel dem: „Alles in Buddha“.
Fotos: CO