Unser Autor

Unser Kolumnist, der Ungar Péter Pál Meleghy, ist Autor vieler Reiseführer und Kochbücher und schreibt für verschiedene deutsche Zeitschriften. Er lebt in Hamburg und Budapest und betreibt die Website www.ungarnaktuell.de, außerdem die beiden Literaturseiten www.phantastisch-realistische-literatur.de und www.ein-oscar-fuer-hitler.com

Die Grenzöffnung Ungarns in Richtung Österreich, vor                                                      30 Jahren  – und die Vorgeschichte

Es begann bereits nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Die damalige Sowjetunion beklagte mit 37 Millionen Toten den größten Menschenverlust. Staats- und Parteichef Stalin wollte so etwas für alle Zukunft verhindern. So entstand, nach Verhandlungen mit den anderen Siegermächten, ein Schutzwall vor der Westgrenze der UdSSR aus Ländern, auf die er somit Einfluss bekam. Zu diesem „Ostblock“ gehörten Polen, die DDR, die Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien. Dort gelang es Stalin, eine Art europäischen Sozialismus unter seiner Überwachung einzuführen. Natürlich gab es Widerstand. Den ungarischen Aufstand 1956, darauf die Rache der Partei mit Hinrichtungen; den ebenfalls zerschlagenen Prager Frühling 1968. Doch Jahre später dann der allererste Erfolg mit weitreichender Wirkung zumindest für Polen: Die Gründung der freien Gewerkschaft Solidarnosc 1980. Leider hatte sie auf die anderen Ostblockländer kaum Einfluss.
Das Leben im Sozialismus ging weiter. Beispiel Ungarn: Jeder hatte Arbeit, musste eine haben, es gab preiswerte Mietwohnungen, die Häuser gehörten dem Staat. Witzeln über den Kommunismus durfte man, aber nicht zu laut. Alle (staatlichen) Firmen hatten Ferienheime für die eigenen Mitarbeiter und deren Familien. Die Brudervölker reisten ans Schwarze Meer, nach Rumänien, in die polnischen Berge und an den Plattensee. Ungarn war besonders bei der DDR-Jugend beliebt, war es doch die „lustigste Baracke im Sozialistischen Lager“, dazu die hübschen und willigen Ungarinnen.
Und dann kam 1989. Aus Moskau wehte schon seit einiger Zeit ein besonders würziger Frühlingswind. Der neue KP-Generalsekretär Michail Gorbatschow sympathisierte mit dem ungarischen Reformkommunismus. So flogen im August der ungarische Ministerpräsident Miklos Nemeth und Außenminister Gyula Horn zu Helmut Kohl nach Bonn. Sie  würden gern die Grenze zu Österreich öffnen, sagten sie. Kohl (so der Dolmetsch): „Was kostet das?“ Horn (laut Dolmetsch): „Herr Bundeskanzler, wir sind keine Menschenhändler.“ Darauf rief Kohl Gorbatschow an, der (laut Kohls Erinnerungen) sinngemäß sagte: Nichts dagegen und wörtlich (laut Kohls Erinnerungen) „Die Ungarn sind gute Leute.“

August 1989

Noch Im August wurden die Grenzanlagen abgebaut, am 11. September wurde die Grenze offiziell geöffnet, und in den folgenden Tagen verließen ca. 15.000 DDR-Bürger Ungarn. Die allermeisten fuhren aus Österreich weiter nach Westdeutschland. Und damit begann der Zerfall der DDR.           

Den 30. Jahrestag der Grenzöffnung feierten im August 2019 Angela Merkel und Viktor Orbán in der  Grenzstadt Sopron – zusammen mit geladenen Gästen. Frau Merkel bedankte sich bei „den Ungarn“ für die Grenzöffnung, was historisch nicht ganz korrekt ist. Die Öffnung verdankte Mitteleuropa den ungarischen Reformkommunisten und ihren hervorragenden Assistenten: dem damaligen Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, Mihail Gorbatschow, und dem ehemaligen Bundeskanzler Helmut Kohl.

Nachschlag
Bei der Feier lobte Frau Merkel Viktor Orbán für dessen überlegte Ausgaben der EU-Gelder. Meinte sie etwa Orbáns Waffenkäufe in diesem Jahr für 1,76 Milliarden Euro in der Bundesrepublik Deutschland?
     
Und schließlich, der neueste Witz aus Ungarn
Frage: Gibt es eine Antwort darauf, weshalb Orbáns Partei „Fidesz“ noch nicht aus der Europäischen Volkspartei in Brüssel hinausgeworfen wurde? Antwort: Nein. Es gibt drei: Audi, BMW, Mercedes.
Frage: Ist das alles? Antwort: Nein: Neuerdings auch (der Waffenhersteller) Rheinmetall.
   
Soweit der Witz. Erklärung für Menschen, die sich in der Industrie nicht so auskennen: Die deutschen Autohersteller produzieren gern in Ungarn (Zeit Online: „Ungarn gnadenlos günstig“). So kostet die Unternehmen eine Arbeitsstunde in Deutschland 34 €, in Ungarn 9 € – dazu kommen 400 mögliche, unbezahlte Überstunden Jährlich. Fotos: privat/bundesregierun