Am besten sucht man sich eine Bleibe mittendrin und fährt von dort aus sternförmig zu den Schlössern der Loire. Wir haben uns bei Monts südlich von Tours in eine alte Mühle in einem privaten Park eingemietet und von der Terrasse über der Indre erstmal den Bibern beim Dammbauen zugeschaut. Danach konnten wir morgens gut ausgeruht gleich zu einem der bedeutendsten Schlösser aufbrechen, nach Chambord zwischen Blois und Orléans.
„Sie können sich nicht vorstellen, wie ungewöhnlich schön es ist. Alle Formen der Magie, der Poesie, der Exzentrik kommen in der bewunderswerten Eigentümlichkeit dieses Palastes der Feen und Ritter zum Ausdruck“, schwärmte der französische Schriftsteller Victor Hugo (1802 -1885) am 7. Mai 1825 in dem Brief an einen Freund. Und besser kann man es auch heute noch nicht erläutern, was dieser Bau mit
seinen vielen Türmen und Türmchen, seinen Gewölben und Sälen, seinen Kabinetten und Terrassen in einem auslöst. Und dann erst diese Treppe!
Man nimmt an, dass Leonardo da Vinci, der seit 1516 als Gast des Königs Franz I. in Frankreich lebte, Ideengeber der doppelläufigen Wendeltreppe ist. Was für ein Erlebnis, sie hinaufzusteigen und einem anderen Gast auf der zweiten Treppe nie zu begegnen, ihn aber durch die Fenster zum Kern der Spindel immer wieder zu sehen!
Franz I. saß erst vier Jahre auf dem Thron, als er am 6. September 1519 den Bau von Chambord anordnete. Der jagdbegeisterte Monarch wählte den Ort wegen der herrlichen Wälder ringsherum. An der Planung des „idealen“ Baus war er selbst intensiv beteiligt. So entstand ein quadratischer Donjon (Wohn- und Wehturm) mit runden Türmen an den Ecken und mit der doppelläufigen Treppe in der Mitte, um die die Wohnräume angeordnet wurden. Vervollständigt wurde das Schloss durch einen Königs- und einen Kappellenflügel und den sehr viel niedrigeren Einfassungsbau.
Franz I. war nicht sehr häufig in Chambord, aber im Dezember 1539 erhielt er hier illustren Besuch: Kaiser Karl V. soll überwältigt von Chambord gewesen sein.
Zweihundert Jahre später erlebte der Sonnenkönig, Ludwig XIV., hier die Uraufführung des Stückes „Der Bürger als Edelmann“ des Dramatikers Molière (1622-1673), der selbst anwesend war.
Die französische Revolution von 1789 überlebte das Schloss zunächst unbeschadet, 1792 aber wurde es geplündert, die Möbel wurden versteigert und die Wälder durch Wilderei und Kahlschlag schwer beschädigt.
Im Zweiten Weltkrieg beherbergte Chambord Kunstschätze aus ganz Frankreich, auch die Mona Lisa war hier sicher. Die sehenswerten Gärten wurden 2016/17 nach dem Vorbild aus dem 18. Jahrhundert neu bepflanzt.
Einen mindestens ebenso beeindruckenden Garten hat das Schloss Villandry, erbaut um 1536 südwestlich von Tours. Im 19. Jahrhundert hatte man den traditionellen Garten zerstört und einen englischen Park angelegt. Aber als 1906 der in Spanien geborene Arzt und medizinische Forscher Joachim Carvallo (1869-1936) das Anwesen erwarb, ließ er mit Hilfe literarischer Quellen wieder einen Renaissancegarten anlegen, mit einem Wassergarten, einem Labyrinth sowie einem Gemüse-, Zier- und Sonnengarten. Ein großes Gärtnerteam kümmert sich heute um über 1000 Linden, fast 52km Buchsbaumhecken und 115000
Blüh- und Gemüsepflanzen. Lassen Sie sich Zeit beim Durchschlendern, er ist wunderschön!
Herausragend gelegen ist auch das Schloss Azay-Le-Rideau zwischen Monts und Chinon. Es wird seit 1855 von der Indre umflossen und gilt als eines der schönsten Loire-Schlösser. Es entstand Anfang des 16. Jahrhunderts und wurde seither liebevoll perfektioniert. Seit 1905 gehört es dem französischen Staat, der es völlig leer übernahm und seither mit Nachbildungen möbliert. So kann man durch spärlich eingerichtete Säle aus dem 16. Jahrhundert spazieren, damals war der Köngishof nämlich noch fahrend, und den Geschmack des 17. und des 18. Jahrhunderts in anderen Räumen kennenlernen.
Es gibt entlang der Loire und ihrer Nebenflüsse über hundert Schlösser, Burgen, Parks und Gärten, größtenteils aus der Renaissance, die alle sehenswert sind. Also los, worauf warten Sie noch! Fotos: CO/wikipedia