Fachwerk im Kolk

Zwischen Hamburg und Berlin hält der Zug immer in Spandau – und fast nie steigt jemand aus. Alle wollen schließlich in die Hauptstadt und haben keine Zeit für die kleine Schwester. Dabei lohnt sich ein Spaziergang durch Spandaus Altstadt auf einer Insel in der Havel am Zufluss der Spree auf jeden Fall!
Also aussteigen und über die stark befahrene Kreuzung vorm Bahnhof hinweg zum Rathaus in der Carl-Schurz-Straße gehen. Das wurde 1910 bis 1913 erbaut und nach starker Zerstörung im 2. Weltkrieg in den 50er Jahren wieder aufgebaut. Schauen Sie mal hinein, in der Vorhalle steht eine überraschende Skulptur, ein Junge auf einem Esel, der „Eselreiter“ von Bildhauer August Gaul von 1912.
Weiter geht’s in Richtung Marktplatz, der im Krieg vollständig zerstört und 1982 in heutiger Form errichtet wurde. Richtig alt ist das „Gotische Haus“ in der Breiten Straße 32. Der Kernbau soll um 1450 entstanden sein, brannte aber 1788 ab und wurde um 1800 im Stil des Klassizismus wieder aufgebaut. Von hier sind es nur wenige Schritt zum Kolk, Spandaus ältestem, sehr

Übers Wasser in den Biergarten

kleinen Stadtteil mit Fachwerkhäusern und einem Rest Stadtmauer. Es sind eigentlich nur zwei Straßen, die man durchbummeln kann, bevor der Kolk von der Havel begrenzt wird. Schauen Sie sich die Schleuse an, die ursprünglich entstand, weil ab 1232 hier Mühlen gebaut wurden, für die das Wasser gestaut werden musste. Die heutige Schleuse stammt von 1999.
Gehen Sie jetzt über die Juliusturmbrücke von 1939 über die Havel-Oder-Wasserstraße, dann geht es gleich links zur Zitadelle Spandau htttps://de.wikipedia.org/wiki/Zitadelle_Spandau , einer der besterhaltenen Festungen der Hochrenaissance. Kern der Anlage ist eine mittelalterliche Burg, von der noch Reste erhalten sind. Drum herum baute man von 1559 bis 1594 eine riesige Festung, die unter anderem von den Schweden und von Napoleon belagert wurde. Heute residiert hier das Museum für Vor- und Frühgeschichte, außerdem dient die Zitadelle als Veranstaltungsort für Konzerte, Festivals und Theateraufführungen. Sie ist von Wasser umgeben und kann mit einer Zugbrücke völlig abgeschlossen werden.
Gleich daneben steht der Juliusturm, dreissig Meter hoch und über 153 Stufen zu ersteigen. 1836 krönte Karl Friedrich Schinkel den Turm mit einem neuen Zinnenkranz, der alte war 1822 abgebrannt.

Über die Zugbrücke in die Zitadelle

Die Zitadelle war auch immer wieder Gefängnis, so saß hier der preußische Staatsminister Friedrich Christoph von Görne 1782 ein, und 1844 wurde der Attentäter Heinrich Ludwig Tschech hier hingerichtet.
Wenn Sie jetzt zurück in die Altstadt gehen, schauen Sie sich unbedingt noch auf dem Reformationsplatz die Nikolaikirche von 1370 an, die 1944 von einer Brandbombe getroffen wurde und nur knapp dem Abriss entging, bevor sie in der Nachkriegszeit schrittweise restauriert wurde. Das Taufbecken stammt von 1398, die Kanzel steht auf drei Bärentatzen, die Stärke symbolisieren sollen. Vor der Kirche steht ein Standbild des Kurfürsten Joachim II., der in dem Gotteshaus 1539 zum lutherischen Glauben übertrat und damit die Reformation in der Mark Brandenburg durchsetzte.
Falls Sie jetzt dringend einen Kaffee brauchen, „Junge die Bäckerei“ ist nur ein paar Schritte entfernt und hat von sieben bis achtzehn Uhr geöffnet.

Fotos: CO