Kartell: Den eleganten Esszimmer-Sessel „Charla“ hat Patricia Urquiola für Kartell entworfen. Das Gestell wird aus recyceltem Kunststoff hergestellt. Den Textilbezug gibt es in vielen Farben.
Brühl: „Jerry“ kann alles, was ein Sofa können muss: Man kann auf ihm sitzen, relaxen und schlafen. Das grazile Gestell ist aus einem verchromten Rohr gefertigt, hat hinten zwei Rollen, Sitz und Lehnen können mehrfach verstellt werden. Den gesteppten Bezug gibt es in Leder oder verschiedenen Stoffen in vielen Farben. Fotos: Hersteller

Charla in sechs Farben

Sofa Jerry

Design Museum Holon, Tel Aviv, Israel
 

Das Museum Holon

Man kann sie schon von weither sehen, die breiten knallroten, orangefarbenen und braunen Stahlbänder, die sich wie auseinander gezogene Federn um ein Gebäude winden. Es ist Israels einziges Designmuseum, wurde vom israelisch-britischen Architekten und Industriedesigner Ron Arad (geb. 1951) entworfen und steht im Industriegebiet von Holon, etwa 5 km südlich von Tel Aviv. Die Ausstellungsräume sind schlichte, rechteckige, übereinander gestapelte Schachteln – perfekt für die Präsentation ganz unterschiedlicher Exponate. Aber interessant wird der Bau erst durch die sechs umschließenden Bänder, die die Räume stützen und Freiflächen entstehen lassen.
Foto: Ron Arad/DMH

Fondation Beyeler, Basel, 23. Januar bis 22. Mai 
Georgia O´Keeffe

„Man nimmt sich selten Zeit, eine Blume wirklich zu sehen. Ich habe sie groß genug gemalt, damit andere sehen, was ich sehe.“ Das sagte die amerikanische Malerin Georgia O´Keeffe (1887 – 1986) bereits 1926, und dem Prinzip von Größe folgte sie in ihrem gesamten Werk, das etwa 2000 Arbeiten umfasst. Die Künstlerin war mit dem Fotografen Alfred Stieglitz (1864 – 1946) verheiratet, der sie sehr häufig porträtierte und ihre Entwicklung unterstützte.
Die Fondation Beyeler zeigt jetzt eine große Retrospektive der experimentierfreudigen Malerin, die Natur und Einsamkeit gleichermaßen liebte. Organisiert wurde die Ausstellung zusammen mit dem Madrider Museo National Thyssen-Bormemisza, dem Centre Pompidou in Paris und dem Georgia O´Keeffe Museum in Santa Fe.

 
Foto: Georgia O´Keeffe, Stechapfel, Weiße Blüte Nr. 1 (Jimson Weed / White Flower No.1), 1932 , Öl auf Leinwand, 121,9 x 101,6 cm Crystal Bridges Museum of American Art, Bentonville, Arkansas © Georgia O’Keeffe Museum / 2021, ProLitteris, Zurich Foto: Edward C. Robison III

Der Cube Berlin

Vom Buddy Bär haben Sie bestimmt schon gehört. Das lebensgroße Tier aus glasfaserverstärktem Kunststoff wurde 2001 in 350 Exemplaren hergestellt, bemalt und überall in Berlin aufgestellt. Seither macht die beliebte Skulptur – ca 2000 gibt es – auf der ganzen Welt Werbung für unsere Hauptstadt. Auch auf dem Washington Platz direkt hinterm Berliner Hauptbahnhof steht ein Buddy, aber dieser ist sehr besonders, denn wenn er umarmt wird, wechselt er die Farbe! Der Platz wird dominiert vom „Cube Berlin“, einem würfelförmigen, zehngeschossigen Bürogebäude mit einer gefälteten Glasfassade, die wie ein Kaleidoskop wirkt. Das beeindruckende Haus wurde vom dänischen Architektenbüro 3XN geplant und im Jahre 2017 für insgesamt 100 Millionen Euro fertiggestellt.
Über die Spree führt jetzt die denkmalgeschützte Moltkebrücke von 1886, die mit rotem Sandstein verblendet und mit Bildern und Skulpturen geschmückt ist.

Das Kanzleramt

Und dann steht man vor dem im Volksmund gern „Waschmaschine“ genannten Kanzleramt, ein gewaltiger Kasten, etwa achtmal so groß wie das Weiße Haus in Washington. Das höchst umstrittene, kalt und abweisend wirkende Gebäude wurde von den Berliner Architekten Axel Schultes und Charlotte Frank entworfen und hat in den Nebengebäuden 300 Büros. Bis 2028 sollen noch 400 neue Büros und eine Kindertagesstätte angebaut, der Hubschrauberlandeplatz soll dann auf das Dach des Baus verlegt werden. Das zeugt alles nicht gerade von Bescheidenheit unserer Regierung.

Fosters Kuppel

Also schnell weiter, besichtigen kann man das Bundeskanzleramt sowieso nur virtuell oder ein Mal im Jahr am „Tag der offenen Tür“ . Ob der aber 2022 wieder stattfinden kann, steht noch nicht fest.
Quer durch den Spreebogenpark, vorbei an der neuen U-Bahn Station Bundestag, gelangt man zum Ende des 19. Jahrhunderts errichteten Reichstag, dem der britische Architekt Lord Norman Foster zwischen 1994 und 1999 eine Glaskuppel aufgesetzt hat. Von dort oben schaut man im Plenarsaal den Abgeordneten bei der Arbeit zu. Kuppel und Dachterrasse können zur Zeit nur von Einzelpersonen zwischen 18.30 Uhr und 21.45 Uhr besucht werden. Hier kann man sich anmelden: www.bundestag.de/besuche/kuppel-dachterrasseunddachgartenrestaurant.
Und natürlich gibt es in Berlin auch Gästeführer, die durchs Regierungsviertel führen.
Dabei erfährt man dann unter anderem spannende Details über neue Skandale, noch neuere Gerüchte – und auch ein paar Fakten. Fotos: CO

„Seit ich herausgefunden habe, dass ich nicht Mozart bin, ist mir alles wurscht.“

Der Schauspieler Ulrich Wildgruber (1937 bis 1999) zitiert in der „Zeit“
vom 16. September 2021. Foto: wikipedia

 

Peter Butschkow, der Berliner Zeichner, lebt und arbeitet in  Nordfriesland und hat schon weit mehr als 2 Millionen Bücher, Kalender und unzählige Postkarten verkauft.

Cartoon-Abdruck kostenpflichtig www.peter-butschkow.de

 

Le Grand Quartier, Paris.  
 
Obwohl es vom Le Grand Quartier nicht weit zur Gare de l´Est und das 10. Arrondissement quirlig und voller Kneipen ist, bleibt es im Hotel schön ruhig. Die Zimmer sind alle um einen großen Innenhof angeordnet, in dem man bei entsprechenden Temperaturen auch frühstücken oder einen Drink nehmen kann.
Zusätzlich lädt eine großzügige Dachterrasse ein. Die Zimmer bieten bequeme Betten mit gutem Leselicht, die sehr großen Bäder sind praktisch ausgestattet. Und eine Espressomaschine gibt’s auch.
DZ ab ca 180 Euro. Foto: Hotel Le Grand Quartier

Frauen: Ganz große Kunst

Die ganz große Kunst, so ein gängiges (Vor)Urteil, gibt es nur von Männern! Wirklich? Und wenn es großartige Künstlerinnen gab und gibt, warum weiß man so wenig über sie? In der Einführung des Kompendiums „Große Kunst von Frauen“ beschreibt die britische Kunstwissenschaftlerin Rebecca Morrill die vielen Hemmnisse, die Frauen jahrhundertelang von der Kunst fernhielten, angefangen von Verboten, Kunstschulen zu besuchen und Akte zu zeichnen. Aktzeichnen gehört aber zu den wichtigsten Fertigkeiten, die ein großer Maler lernen muss.
Insgesamt 400 Künstlerinnen aus 54 Ländern und aus 500 Jahren stellt Morrill jetzt vor. Jeder Künstlerin ist eine Seite gewidmet mit Lebensdaten, einem Hauptwerk und einer Kurzbiografie mit einer Einordnung. Bekannte Frauen wie Kiki Smith und Cindy Sherman, Niki de Saint Phalle und Pipilotti Rist, Shirin Neshat und Gabriele Münter sind dabei, aber auch viele unbekannte. Der Titel des Originals aus dem englischen Phaidon-Verlag ist übrigens treffender: Great Women Artists – denn es geht an erster Stelle um die Frauen, dann erst um ihre Kunst.
Ein großer Band zum Schmökern!
Große Kunst von Frauen, 464 Seiten, 450 farbige Abb., 49,95 Euro, Dorling Kindersley. Foto: Dorling Kindersley
 
 

 

Frauen: Einfach fantastisch

Berühmt geworden sind natürlich Frida Kahlo und Meret Oppenheim, vielleicht noch Lee Miller und Toyen. Aber die meisten weiblichen Surrealisten sind fast unbekannt geblieben, denn lange galten sie eher als Modell oder Muse und nicht als gleichberechtigte Künstlerin.
Die Frankfurter Schirn hat den „Fantastischen Frauen“ im letzten Jahr eine umfassende Ausstellung gewidmet, zu der dieser Katalog erschienen ist. Hier kann man nun all die großartigen Künstlerinnen und ihre Traumwelten entdecken. Dorothea Tanning (1910-2012) etwa mit ihren detailreichen Gemälden, die mystische Geschichten erzählen, oder Leonora Carrington (1917-2011) mit ihren magischen Bilderwelten. Emila Medkova (1928-1985) mit ihren Fotocollagen ist dabei und, auch den Selbstporträts der Fotografin Claude Cahun (1894-1954) ist ein Beitrag gewidmet. Insgesamt gibt es 36 Künstlerinnen aus aller Welt mit 260 Werken zu entdecken.
Dazwischen immer wieder klärende Essays zum Surrealismus und zu der Stellung der Frauen innerhalb der Richtung und im Anhang Kurzbiografien aller Künstlerinnen. Ein tolles Buch! CO

Ingrid Pfeiffer (hg.): Fantastische Frauen , 420 Seiten, 350 farbige Abb., 49,90 Euro, Hirmer Verlag
Foto: Hirmer


 

Frauen: Frida Kahlo

Der wohl wichtigsten Surrealistin, der Mexikanerin Frida Kahlo, sind dieses Jahr gleich zwei neue Bücher gewidmet: Die detaillierte Biografie der Autorin Christina Burrus mit guten Abbildungen ihrer Werke und zahlreichen auch privaten Fotos und der herrlich bunte Band „Fridas Kleider“ mit vielen der farbenfrohen, fantasievollen Outfits der Künstlerin. Im Vorwort dieses Bandes schreibt Elke Heidenreich: „Die Kleider offenbaren uns eine sehr bewusste, von sicherem Geschmack gelenkte Frau, die einen unbestechlichen Blick für Schönheit, Qualität und – bei allem gelebten Feminismus – für eine warme, sinnliche Weiblichkeit hatte.“ Einfach wundervoll!

Christina Burrus: Frida Kahlo – Ich male meine Wirklichkeit , 144 Seiten, 132 Abb., 14,80 Euro, Verlag Schirmer/Mosel
Fridas Kleider, 192 Seiten, 167 Abb., 49,80 Euro, Schirmer/Mosel Verlag. Fotos: Schirmer/Mosel
 


 
 

Kunst: Porträts vom Feinsten

Gerade mal 37 Bilder werden ihm mittlerweile zugeschrieben, doch dieses schmale Werk genügte, um ihm einen Platz unter den Großen der europäischen Malerei zu sichern: So delikat und diskret und zugleich eindringlich wie Jan Vermeer hat kaum ein anderer Künstler die Leinwand mit Genrebildern und vor allem Frauenporträts gefüllt. Begonnen hatte der 1632 in Delft geborene Flame mit Historienbildern und Stadtansichten, ehe er sich um 1656 zu dem Motivwechsel entschloss, der seinen Nachruhm begründete. So ist das 1665 vollendete „Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“ bis heute sein populärstes Werk, gefolgt von so sorgfältig komponierten Werken wie dem „Schlafenden Mädchen“ oder der „Briefleserin am offenen Fenster“. Dieses um 1657 entstandene Gemälde steht derzeit im Mittelpunkt der Dresdner Ausstellung „Johannes Vermeer. Vom Innehalten“, denn auf dem Bild wurde in aufwendiger Feinarbeit ein vor vielen Jahren übermalter Cupido wieder freigelegt. Insgesamt 10 Werke des Meisters (und 50 seiner Zeitgenossen) sind bis zum 2. Januar in der Gemäldegalerie zu sehen – wer den Besuch nicht schafft, ist mit diesem informativen Katalog gut bedient. PM

Vermeer. Vom Innehalten. 256 S., rd. 300 Abb., 48 Euro, Sandstein Verlag. Foto: Sandstein
 


 
 

Kunst: Verpackt!

Was haben sie nicht alles eingepackt: den Berliner Reichstag und einen Küstenstreifen bei Sydney, Parkwege in Kansas City und eine Gruppe von 178 Bäumen in Riehen bei Basel. Daneben umsäumten sie 11 Inseln vor Florida mit rosa Kunststoffgewebe, spannten einen gewaltigen Vorhang durch ein Tal in den Rocky Mountains und errichteten in Kalifornien einen fast 40 Kilometer langen Zaun, der im Pazifik endete. Doch es ging auch durchaus ein paar Nummern kleiner, wie eine Ausstellung von Jeanne-Claude und Christo im Pariser Centre Pompidou dokumentierte, die kurz nach seinem Tod 2020 eröffnet wurde (seine Frau starb bereits 2009) und mit einer Fülle von Zeichnungen, Fotos und Objekten belegte, wie vielfältig das Werk des Paares ist: Schuhe wurden ebenso verschnürt wie Metallstangen oder Verkehrszeichen. Entstanden sind alle diese Arbeiten zwischen 1958 bis 1964 in Paris, jener Stadt, in der vor kurzem das letzte große Christo-Projekt zu bewundern war: der verhüllte Arc de Triomphe. Und siehe da – erste Studien zu diesem Unternehmen finden sich bereits in diesem ansehnlichen Katalog. PM

Christo and Jeanne Claude: Paris! (engl.) 256 S. 364 Abb., 39.90 Euro, Sieveking Verlag. Foto: Sieveking
      


 
 

Kunst: Tierisch schön

Im Schweriner Kunstmuseum hat sich Lothar Schirmer in ein Nashorn verliebt, es heißt Clara und wurde 1749 von Jean-Baptiste Oudry in Lebensgröße auf eine Leinwand gemalt. Umgehend beschloss der Kunstbuch-Verleger, eine „Bildgeschichte der Tierwelt“ herauszugeben.

Gemeinsam mit der Kunsthistorikerin Kirsten Claudia Voigt hat Schirmer 61 spektakuläre Werke aus sieben Jahrhunderten ausgewählt und dann 52 Kunstexperten, Schriftsteller, Dichter, Zoologen, Schauspieler und Philosophen eingeladen, Texte dazu zu schreiben. Fast alle haben schon vorher an den Publikationen des Münchner Verlagshauses mitgearbeitet und alle eint eine ausgeprägte Affinität zur darstellenden Kunst. So entstand eine vielstimmige Anthologie: Der Regisseur Edgar Reitz sinniert über zwei Affen von Pieter Brueghel, die Kinderbuch-Autorin Cornelia Funke widmet sich Tintorettos Erschaffung der Tierwelt, und die Schauspielerin Isabella Rossellini fabuliert über Tierporträts von Karin Kneffel.

Fast unnötig zu erwähnen, dass daraus ein herrliches Buch geworden ist: amüsant, lehrreich und schön anzuschauen – ein nobel gedrucktes Präsent zu Weihnachten. UvS

Kirsten Claudia Voigt, Lothar Schirmer (Hrsg.): Gemalte Tiere. 160 S., 77 Abb., 49,80 Euro, Schirmer/Mosel Verlag. Foto: Schirmer/Mosel
 


 
 

Kunst: Zum Staunen

Auch ein Kölner Kunstbuchverleger hat die Corona-Zeit genutzt, um ein lange geplantes Vorhaben umzusetzen: Zusammen mit dem Direktor des Kölner Museumsdienstes Matthias Hamann hat Michael Wienand ein beeindruckendes Kaleidoskop mit Schätzen aus der Rheinmetropole vorgelegt. Über 250 Zeugnisse aus Kunst, Kultur und Alltagsleben erzählen von der 2000-jährigen Geschichte der Domstadt – dicht aneinandergereiht, großzügig bebildert und kenntnisreich kommentiert.

Es ist ein faszinierendes Köln-Porträt geworden: Der Reigen reicht von einem Schriftdokument Friedrich I. Barbarossas aus dem Jahr 1180 über Heinrich Bölls Nobel-Preis-Urkunde von 1972 bis hin zum Domfenster von Gerhard Richter von 2007. Aber auch das Adenauer-Foto zur Bundestagswahl 1957 von Karl Heinz Hargesheimer, der sich Chargesheimer nannte, oder der erste Auftritt der Maus 1969 im WDR-Kinderfernsehen sind zu sehen. Und natürlich finden Werke aus den Kölner Kunstmuseen ebenso ihren Platz wie Funde aus der Römerzeit. Man blättert und blättert – und stellt schließlich staunend fest: Kölngold ist selbst dann kostbar, wenn es nicht glänzt. UvS.

Hrsg.: Matthias Hamann, Michael Wienand: Kölngold. Stadtschätze. 630 S., 250 Abb., 45 Euro, Wienand Verlag.  Foto: Wienand


 

Fotos: Ganz neu sehen

Nach 1918, nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, wurde (fast) alles anders. Nicht nur in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft, nein, auch in der Kultur standen die Zeichen auf Veränderung. Und dabei erlebte vor allem eine Disziplin eine geradezu spektakuläre Karriere: die Fotografie. Nach zu verfolgen in diesem Katalog zu einer Ausstellung, die vergangenen Sommer in Frankfurt gezeigt wurde: „Neu Sehen“ belegte mit rund 100 Aufnahmen, wie das noch relativ junge Medium innerhalb von zwei Jahrzehnten vor allem dank neuer Technik immer neue Motive und Blickwinkel entdeckte. Ob Reportage oder Reklame, Porträt oder Propaganda – die Kamera war unermüdlich auf der Suche nach ungewöhnlichen, nie zuvor gekannten An- und Einsichten. Und dass die Fotografie auf diese Weise zur dominierenden Bildsprache des 20. Jahrhunderts wurde, hier wird es aufs Anschaulichste dokumentiert. PM

Neu Sehen. Die Fotografie der 20er und 30er Jahre. 256 S., 153 Abb., 49,90 Euro, Kerber Verlag. Foto: Kerber


 

Fotos: Berlin, Berlin

Berlin ist dazu verdammt, immer nur zu werden und niemals zu sein, befand der Kulturkritiker Karl Scheffler im Jahre 1910. Ob das harsche Urteil auch für die Zeit danach gilt, lässt sich diesen Herbst etwa an zwei neuen Fotobänden überprüfen: „Berlin – 50er Jahre“ dokumentiert, wie die im Krieg schwer zerstörte und alsbald in vier Sektoren aufgeteilte Stadt einen Neuanfang anging. Überall wurde auf- und weggeräumt, Baugerüste wurden hochgezogen, und sogar ein wenig Luxus tauchte im Stadtbild auf. Doch West und Ost entwickelten sich immer mehr auseinander – der glitzernde Kudamm hier und die monumentale Stalinallee dort waren dafür das augenfälligste Beispiel. Dass West-Berlin bei diesem Wettbewerb der Systeme rasch bunter, aber auch wirrer wurde als der graue Teil im Osten, zeigen Gottfried Schenks Aufnahmen in „West-Berlin: Kiez und Subkultur 1975-1990“. Und spätestens, wenn man sich all diese Fotos von Kneipen und Läden, Trödelmärkten und Demonstrationen angesehen hat, ahnt man: So eine Stadt wie Berlin ist immer irgendwie unterwegs. PM

Berlin – 50er Jahre. 114 S., 120 Abb., 24.95 Euro, Edition Braus.

Gottfried Schenk: West-Berlin: Kiez und Subkultur 1975-1990. 240 S. 1995 Abb., 29.90 Euro, Edition Braus. Fotos: Edition Braus


 

Kalender:  Gar nicht mehr fremd 3!

Dieser Kalender, der hier schon zum dritten Mal erscheint, ist so gut, den kann man immer wieder empfehlen! Außerdem ist er ein wunderbares Geschenk – denn Weihnachten steht vor der Tür.
Sie erinnern sich vielleicht: Die besten Rezepte, die Geflüchtete aus ihrer Heimat mitgebracht haben, sind in diesem Kalender zu finden.
Die ehrenamtlichen Initiatoren des Projektes helfen damit nicht nur den Geflüchteten – die Hälfte des Erlöses kommt der Flüchtlingshilfe Rellingen zugute, die andere Hälfte geht an „Ärzte ohne Grenzen“ – , sie haben sich auch selbst beschenkt, denn jetzt haben sie neue Lieblingsrezepte, zum Beispiel die Misin Wot, die gewürzten roten Linsen mit Ingwer, Knoblauch und der Gewürzmischung „Berbere“. Das Rezept hat der junge Maedn aus seiner Heimat Eritrea mitgebracht. Unbedingt nachkochen!

Elisabeth Bolle, Burgunde Uhlig: Angekommen – So schmeckt Heimat. Eine Kalender mit Rezepten von Geflüchteten. 14,90 Euro zu bestellen über kochkalender@posteo.de


 
Bilderbuch: Hoffnung

Im März 2020 schrieb die Amerikanerin Kitty O´Meara ein Gedicht, um sich und ihre Freunde in Zeiten von Pandemie und Klimakrise zu trösten. Sie veröffentlichte es bei Facebook – und wurde sofort überrannt von jubelnden Reaktionen aus der ganzen Welt. Andere Künstler nahmen ihr Gedicht von der Hoffnung auf eine bessere Welt zum Anlass, es zu vertonen oder in Tanz umzusetzen, eine Geschichte daraus zu machen oder, wie die Illustratoren Stefano di Cristofaro und Paul Pereda, ein Kinderbuch zu zeichnen. Das hat die Übersetzerin Jennifer Holleis jetzt liebevoll ins Deutsche übertragen: „Und die Menschen blieben zuhause“ –  ein wunderbares Geschenk für Menschen zwischen (mindestens) 4 und 99.

Kitty O´Meara: Und die Menschen blieben zuhause. 32 Seiten, 17,95 Euro, Goldblattverlag, Foto: Goldblattverlag

 
 

Museum für angewandte Kunst, Wien, 15. Dezember bis 19. Juni  2022
Josef Hoffmann. Fortschritt durch Schönheit

Er hat ein gewaltiges Werk hinterlassen, der Architekt, Designer, Ausstellungsmacher und Hochschullehrer Josef Hoffmann (1870 bis 1956), und so kann das Wiener MaK jetzt fast 1000 seiner Objekte zeigen. In 20 Kapiteln lernt man zum Beispiel seine erste große Architektur kennen, das Sanatorium in Purkersdorf, unterschiedliche Wohnungseinrichtungen, von ihm gestaltete Alltagsgegenstände wie Möbel, Geschirr und sogar Mode.  Hoffmann stammte aus Mähren in Österreich-Ungarn, studierte in Wien, lebte und baute ein Jahr lang in Italien, war 1897 Mitbegründer der Wiener Secession, 1903 der Wiener Werkstätten, 1907 des Deutschen Werkbundes und 1912 des Österreichischen Werkbundes: Ein Großmeister seiner Zunft, den man jetzt neu entdecken kann.

Foto: Josef Hoffmann, Porzellanservice „Melone“ für die Porzellanmanufaktur Augarten, 1931, Mak/Katrin Wisskirchen

 

Die Gildehäuser am Grote Markt

Wundern Sie sich nicht, wenn Sie überall Hände in Keksform oder aus Schokolade in den Geschäften finden. Die Antwerpener erinnern die Hände an den römischen Soldaten Silvio Brabo, der einst die Stadt von dem Riesen Druoon Antigoon befreit haben soll, in dem er ihm die Hand abschlug und sie in die Schelde warf. An Brabo erinnert der üppige Brunnen auf dem Grote Markt , einem der eindrucksvollen Plätze in Antwerpen. Suchen Sie sich einen Stuhl in einem der vielen Cafes und betrachten Sie den schönen Platz mit dem herrlichen Rathaus von 1560 im italienischen Renaissance-Stil ganz in Ruhe. Neben dem Rathaus stehen viele Gildehäuser, die im 19. Jahrhundert nach Vorbildern aus dem 16. und 17. Jahrhundert entstanden.
Durch die kurze Straße Maalderij erreicht man den Handschoenmarkt vor der Vrouwekathedraal , Belgiens größter gotischer Kirche von 1352, deren 132 m hoher Turm seit 1999 zum Weltkulturerbe gehört. Das Dach der mächtigen Kathedrale tragen über hundert Säulen, drinnen sind vier Gemälde von Peter Paul Rubens zu bestaunen, dem großen Sohn der Stadt. Dazu später mehr.
Wenn Sie jetzt in Richtung Schelde über den Oude Koornmarkt gehen (ignorieren Sie die Touristenlokale hier, sie lohnen nicht), dann nach links abbiegen und ein wenig am Fluß entlang schlendern, dann kommen Sie bald zum Eingang des St. Annatunnels, einem Fußgängertunnel unter der Schelde mit hölzernen Rolltreppen. Der wurde 1933 eröffnet, ist 572 m lang und darf seit den 90er Jahren auch mit Rädern durchquert werden. Fahren Sie mal runter, so etwas haben Sie bestimmt noch nicht gesehen.

Der herrliche Garten des Museums Plantin-Moretus

Jetzt durch die Stoofstraat und die Geeststraat zum Vrijdagmarkt, dem Platz mit dem schönsten Museum der Stadt: Das residiert im Wohnhaus und der Druckerei der Familie Plantin-Moretus, die hier vor 400 Jahren die ersten Bücher anfertigte. In den Räumen kann man nicht nur nachvollziehen, wie eine reiche Kaufmannsfamilie damals lebte, es gibt auch Druckstöcke, Bleibuchstaben und Pressen zu sehen und jede Menge wunderschöne alte Bücher und Handschriften aus dem 15. Jahrhundert. Ein beeindruckendes Erlebnis! Gucken Sie auch mal in den Garten, der ist wunderbar.
Gehen Sie danach durch die Steenhouwersvest und die Lombardenvest geradeaus bis zum Rubenshaus  in der Straße Wapper. Hier lebte der berühmteste Sohn der Stadt, Peter Paul Rubens (1577 – 1640) mit seiner Familie und arbeitete in einem lichten Atelier mit seinen vielen Schülern. Das Haus kaufte Rubens 1610 und ließ es nach eigenen Plänen zu einem italienischen Palazzo umbauen, in dem seine einzigartige Sammlung von Gemälden – eigenen und vieler berühmter Kollegen -, Skulpturen, Büsten und fein gearbeiteter Alltagsgegenstände einen würdigen Rahmen fand. Schauen Sie sich unbedingt auch den herrlichen Garten an, in dem der berühmte Barockmaler spazieren ging.

Die sogenannte Eisenbahnkathedrale

Zurück in die Gegenwart und die große Einkaufsstraße Meir, die zum einzigartigen Hauptbahnhof  führt. Der von den Einheimischen liebevoll als Eisenbahnkathedrale bezeichnete Bahnhof, 1905 eröffnet und 1975 unter Denkmalschutz gestellt, ist im Stil des Historismus gebaut mit Türmchen, Rundbogenfenstern, Stuckdecken, einer imposanten Eingangshalle und einem 43 m hohen Glasdach über den Gleisen. Muss man gesehen haben.
Und jetzt? Am besten zurück in Richtung Kathedrale und Grote Markt, dort gibt es in den engen Gassen rundum zahllose Cafes, Kneipen, Restaurants und natürlich Frittenbuden mit vielen Soßen im Angebot. Oder doch lieber in ein Bierhaus mit 30 verschiedenen belgischen Bieren? Gibt’s natürlich auch. Fotos: CO

„Den Klimawandel zu bekämpfen wird die große Herausforderung der kommenden Jahrzehnte sein. Da reicht es nicht zu sagen: Es wird entweder schlimm oder nicht ganz schlimm. Es müsste heißen: „I have a dream.“ Wir denken unsere Welt noch einmal anders und neu.“

Die Autorin Juli Zeh in einem Interview im Spiegel vom 28.9.20 Foto: wikipedia

 

Peter Butschkow, der Berliner Zeichner, lebt und arbeitet in  Nordfriesland und hat schon weit mehr als 2 Millionen Bücher, Kalender und unzählige Postkarten verkauft.

Cartoon-Abdruck kostenpflichtig www.peter-butschkow.de

 

Mercure Nantes Centre, Grand Hotel, Frankreich

Wer Nantes besucht, die sechstgrößte Stadt Frankreichs am Rande der Bretagne, der wird sicher das letzte Loire-Schloss vor dem Ozean, das Château des ducs de Bretagne,  und im Hafen der Stadt „Les Machines de L’ile“, von Jules Verne inspirierte, übergroße mechanische Tiere und Puppen, anschauen. Ein guter Ausgangspunkt dafür ist das elegante Hotel Mercure mitten im Zentrum, in dem es ein gutes Restaurant, eine schicke Bar, einen Fitnessraum und Konferenzräume gibt. Zimmer und Bäder sind praktisch und in schönen Farben eingerichtet, und eine Garage gibt es auch. DZ ab ca 80 Euro. Foto: Hotel Mercure

Zum Vorlesen:  Wintergeschichten

In Mexiko erzählt man sich die Sage vom Weihnachtsstern, dessen grüne Blätter Heiligabend über der Krippe plötzlich rot leuchteten, in der Ukraine kennen viele die Geschichte vom Handschuh, in dem sich alle Tiere gleichzeitig wärmen, und in Polen weiß man von einem Schneider, der „Mond“ (der hier weiblich ist) einen weichen Mantel näht. Achtzehn Märchen, Sagen und Fabeln aus aller Welt hat die britische Autorin Dawn Casey für dieses Buch neu aufgeschrieben. Mit dabei ist auch der Nussknacker von E.T.A. Hoffmann und die Schneekönigin von Hans Christian Andersen. Die Illustratorin Zanna Goldhawk steuerte wunderschöne, farbenfrohe Zeichnungen bei.

Dawn Casey/Zanna Goldhawk: Wir warten auf Weihnachten – mit den schönsten Wintergeschichten aus aller Welt. 96 S. Knesebeck. 18 Euro Foto: Knesebeck


 

Gehört werden:  Frauen auf der Flucht

Wie fühlt sich Flucht an? Wie erträgt man Fußmärsche durch mehrere Länder? Wieviel Angst kann man aushalten auf winzigen Booten dichtgedrängt auf offenem Meer? Wie ist es, in einem fremden Land kein Wort zu verstehen und überall Ablehnung zu erleben? Und warum will keiner diese Geschichten hören?
Zwei österreichische Psychotherapeutinnen haben in einer Schreibwerkstatt Wienerinnen mit Migrationshintergrund animiert, ihre Erlebnisse aufzuschreiben, und daraus ein schmales Büchlein gemacht. Die 24 Autorinnen sind zwischen 12 und 70 Jahre alt und stammen aus Pakistan, Syrien, Afghanistan, Albanien, Iran, Irak und einigen Ländern mehr. Die mal sachlich berichtenden, mal höchst emotionalen Texte sind mal kurz, mal lang, mal als Brief und auch mal in Gedichtform verfasst. Im Anhang gibt es Kurzbiografien der Autorinnen. Diesem unauffälligen Buch wünscht man viele, viele Leser!

Jelena Gucanin u.a. (hrsg.): In unseren Worten – Lebensgeschichten von Wienerinnen aus der ganzen Welt. 145 S. Mandelbaum Verlag. 14 Euro. Foto: Mandelbaum

 


 

Kalender:  Gar nicht mehr fremd 2!

herrlich süß: Baklava

Dieser Kalender, der jetzt schon zum zweiten Mal erscheint, ist so gut, den kann man gleich noch mal empfehlen! Außerdem ist er ein wunderbares Geschenk – denn Weihnachten naht, und Sie wissen ja: Der frühe Vogel….
Sie erinnern sich vielleicht: Die besten Rezepte, die Geflüchtete aus ihrer Heimat mitgebracht haben, sind in diesem Kalender zu finden.
Die ehrenamtlichen Initiatoren des Projektes helfen damit nicht nur den Geflüchteten – die Hälfte des Erlöses kommt der Flüchtlingshilfe Rellingen zugute, die andere Hälfte geht an „Ärzte ohne Grenzen“ – , sie haben sich auch selbst beschenkt, denn jetzt haben sie neue Lieblingsrezepte, zum Beispiel freut sich Burgunde Uhlig, ehemalige Foodchefin der Brigitte, über das Baklava-Rezept aus Syrien, denn „das ist doch mal was anderes als Zimtsterne und Vanille-Kipferln“.

Elisabeth Bolle, Burgunde Uhlig: Angekommen – So schmeckt Heimat. Eine Kalender mit Rezepten von Geflüchteten. 14,90 Euro zu bestellen über kochkalender@posteo.de Foto: Hersteller
 
 

2. bis 6. November: Auf Sylt findet wieder das „Island Food Festival“ statt. Die fünf Tage sind ganz dem Genuss gewidmet: Los geht es mit einem mehrgängigen Menü im Landhaus Stricker, gefolgt von einem Portwein-Tasting bei Johannes King und einem Steakseminar „Nice to meat you“ mit Wolfgang Otto von Fleischspezialist Otto Gourmet. Alle Informationen und Preise findet man auf www.landhaus-stricker.de

18. November bis 5. Dezember: Die Münchener Bücherschau bietet wieder ein umfangreiches Programm mit Workshops, Aktionen und Lesungen für Erwachsene, Kinder und Jugendliche, bei denen sich 130 Verlage präsentieren, live und digital. Mit dabei sind u.a. Stefan Aust, Elke Heidenreich, Marianne Koch und Rufus Beck. Tickets gibt es hier: www.muenchenticket.de 

18. Juni bis 25. September 2022: Die Documenta Fifteen in Kassel, die jüngste Ausgabe der bedeutendsten Ausstellung zeitgenössischer Kunst, soll Mitte nächsten Jahres endlich stattfinden, und dafür kann man sich jetzt schon Karten sichern, und zwar hier: blog.ticketmaster.de/kultur-ausstellungen/

Königliche Gartenakademie :

Zwiebelmischung

Jetzt müssen sie in die Erde, die Zwiebelblumen, damit sie im Frühjahr ihre Pracht entfalten können. Die Gartenakademie in Berlin hat wieder herrliche Mischungen zusammengestellt, zum Beispiel den „Papageienzauber“, 60 Zwiebeln für 50 Euro.

 

Ein Moosbild

  Freund: Die Berliner Firma hat sich auf Wandgestaltung mit natürlichen Materialien spezialisiert, mit denen das Raumklima verbessert werden kann. Dafür empfiehlt sie zum Beispiel Moosbilder, die nicht nur schön anzusehen sind, sondern auch zeigen, ob die Luft im Raum feucht genug ist.

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Messer mit Fingerschutz

Opinel: Wenn Kinder anfangen, in der Küche helfen zu wollen, kann es leicht gefährlich werden. Aber nicht mit dem Küchenset „Le petit chef“, denn dessen Messer hat einen Ring, durch den der kleine Zeigefinger die Schneide führt und einen Fingerschutz aus Kunststoff, mit dem Gemüse und Obst gefahrlos zur Schneide geschoben werden kann.

 

Handgeschmiedet in Vietnam

Black Chili Messer: Das Berliner Startup lässt seine Messer in vietnamesischen Schmieden aus alten Blattfedern, Sägeblättern und Dachbalken per Hand fertigen. Die Klingen sind aus Carbonstahl und können deshalb rosten, aber sie sind höllenmäßig scharf und ein tolles Geschenk für jeden, der gern kocht.
Fotos: Hersteller/trendXpress/L+L Kommunikation

 

Bourse de Commerce, Paris

Die Kuppel der Börse

Frankreichs Hauptstadt hat ein neues, sehr beeindruckendes Museum in einem uralten Gebäude neben der kolossalen Kirche Saint Eustache bekommen. Einst stand hier ein Schloss, das Königin Katharina von Medici 1571 erbauen ließ. 1755 stellte man an gleicher Stelle einen riesigen Getreidespeicher mit einer hölzernen Kuppel auf, die 1802 abbrannte und dann durch ein Stahlskelett erst mit Kupferabdeckung, später mit Glas ersetzt wurde. Das schöne Gebäude diente auch für Feste, so feierte 1810 Kaiser Napoleon hier seine Heirat mit Marie Louise von Österreich.
1889 zog die Börse in den Rundbau, seit 1975 stehen Kuppel und Bemalung unter Denkmalschutz, die letzten Jahrzehnte stand der Bau ungenutzt und marode mitten in Paris.

Die Beleuchtung der Brüder Bouroullec

Doch 2016 erhielt der Milliardär und Kunstsammler Francois Pinault für 50 Jahre die Genehmigung zur Nutzung des Gebäudes, und der ließ es umgehend vom japanischen Architekten Tadao Ando zu einem Museum umbauen, das im vergangenen Sommer eröffnet wurde.
Ando, geboren 1941 und unter anderem Pritzker-Preisträger, ist bekannt für minimalistische Bauten, bevorzugt aus Sichtbeton, und so hat er in die vorsichtig restaurierte Börse einen 50cm starken Betonring mit einem Durchmesser von 29 Metern gestellt, der nur wenige Schlitze als Durchgang aufweist. Darüber wurde in neun Meter Höhe ein Wandelgang platziert, von dem man einerseits in die riesige Ausstellungsfläche hinunterschaut und andererseits das herrlich restaurierte, zehn Meter hohe und 140 Meter lange Rundgemälde mit Handelsszenen auf fünf

Auch der Betrachter ist aus Wachs und brennt

Kontinenten aus dem 19. Jahrhundert bestaunen kann. Über allem schwebt die wunderbare Glaskuppel. Sieben Ausstellungsräume hat Ando um die Rotunde angeordnet, alle strahlend weiß gestrichen. Für Möbel, Hinweisschilder und Dekorationselemente waren die Designer-Brüder Ronan und Erwan Bouroullec zuständig, auch die hinreissende Beleuchtung im Treppenhaus stammt aus ihrem Atelier.
Wer das Glück hat, die Börse noch in diesem Jahr anschauen zu können, wird die spektakuläre Installation in der Rotunde genießen: Der Schweizer Künstler Urs Fischer hat Giambolognas monumentale Plastik „Der Raub der Sabinerinnen“ von 1582, etliche Stühle und einen Herrn in blauem Jackett im Raum verteilt – und das ganze Ensemble ist aus Wachs, mit Dochten versehen und brennt seit Mai allmählich ab!

Fotos: CO

Bayerische Staatsbibliothek, München, 11. November bis 4. März  2022
Facing the Balkans – Südosteuropa in Fotografien
von Harald Schmitt

Eine Urlauberin aus den Vereinigten Arabischen Emiraten in Bosnien Herzegovina


Wer kennt sich schon auf dem Balkan aus! Wir Normalbürger fahren vielleicht mal nach Kroatien oder schauen uns Sofia an, aber so richtig durch die Länder im Südosten Europas reisen, das tun wir nicht. Aber Harald Schmitt, von 1977 bis 2011 erfolgreicher Fotojournalist beim Stern und sechsmaliger Preisträger des World Press Photo Award, hat es zusammen mit seiner Frau Annette gleich fünfmal getan und etwa 3000 Bilder mitgebracht: von privaten Hochzeitsfeiern und Landarbeitern bei der Ernte, von Verschleierten und Menschen in Tracht, vom Goldstrand in Bulgarien und von Flüchtlingen in Bosnien. Die besten Bilder gibt es jetzt in der Staatsbibliothek zu sehen. Ein begleitender Katalog mit informativen Essays erscheint im Kerber-Verlag

Foto: Die reiche Dame aus den Vereinigten Arabischen Emiraten macht Urlaub in Bihac, Bosnien Herzegovina, denn hier sind überall Moscheen und die Natur wunderschön./ Harald Schmitt

Unser Autor

Nachrichten aus einem kleinen Land
Unser Kolumnist, der Ungar Péter Pál Meleghy, ist Autor vieler Reiseführer und Kochbücher. Er lebt in Hamburg und Budapest und betreibt die Webseite www.ungarnaktuell.de , außerdem die beiden Literaturseiten www.phantastisch-realistische-literatur.de und www.ein-oscar-fuer-hitler.com
 

Zähneputzen mit der kapverdischen Sängerin Cesaria Evora
 

Cesaria Evora

Also: Ich stelle meinen Rechner auf den Esstisch und rufe das Konzert der „Cesaria Evora Live d’amor (Paris 2004)“ und ihrer sagenhaften Musiker auf den Bildschirm. Dann öffne ich die Tür zum Badezimmer gegenüber, setze mich auf den Badewannenrand und passe auf, dass ich nicht in die Wanne rutsche. Sodann gebe ich etwas Zahnpasta auf die Bürste und schalte das Gerät ein. Wenn nötig, erhöhe ich die Lautstärke Cesarias und ihrer Musiker ein wenig.
Viel Spaß dabei! Und wer doch in die Wanne rutscht, wird feststellen, dass es größere Unglücke gibt.            
Foto: privat/wikipedia

 

Das Katharinenwehr

Landsberg liegt einerseits an der Romantischen Straße zwischen Füssen und Augsburg und andererseits am Lech, dem 256 km langen Fluss, der in Vorarlberg entspringt und nördlich von Augsburg in die Donau mündet. Früher nutzte man den Fluss zum Flößen von Holz und anderen Waren, aber schiffbar war er nie. Die Geschichte der Stadt beginnt im 12. Jahrhundert:
1158 ließ Heinrich der Löwe eine Salzstraße in Bayern weiter nach Süden verlegen und dafür eine Brücke über den Lech bauen. Daneben entstand eine Ansiedlung, die im 13. Jahrhundert Stadtrecht bekam und „Landesperch“ hieß.
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Am Flösserplatz

Schon 1364 baute man hier ein Wehr in den Lech, das Karolinenwehr, und leitete den Mühlenbach ab, an dem früher Mühlen betrieben wurden und der heute zur Stromerzeugung dient. Das Wehr muss man sich unbedingt anschauen, der Fluss zeigt hier seine enorme Kraft. Vom Flösserplatz aus haben Sie die beste Sicht.
Schräg gegenüber, in der Schrannengasse, steht der Salzstadel, in dem vom 14. bis ins 19. Jahrhundert das wertvolle Salz gelagert wurde. Ursprünglich hatte das imposante Gebäude wenige kleine Fenster, damit so wenig Feuchtigkeit wie möglich eindringen konnte. Als die Eisenbahn den Salztransport übernahm und es deshalb nicht mehr lang gelagert werden musste, wurden die Salzstadel zu Wohnungen und Kulturstätten.
Geht man weiter parallel zum Fluss durch die hintere Salzgasse, kommt man vorbei an den Resten zweier uralter Mühlen, die vom 14. bis ins 20. Jahrhundert Korn mahlten.
Am Rossmarkt findet man das Färbertor, ein Stadttor von 1530, und ein paar Schritte weiter das Bäckertor von 1435, in dem es schon seit dem 16. Jahrhundert eine Wohnung gibt.
Um die Ecke in der Straße Vorderer Anger steht die außen unscheinbare Johanniskirche mit einem reich verzierten Altar von Dominikus Zimmermann aus dem 18. Jahrhundert.
Schräg gegenüber: Das Schuhhaus Pflanz mit Museum. Das Geschäft gibt es hier schon seit 1625, das Museum hat Heinrich Pflanz 1995 eröffnet und mit seiner in 40 Jahren entstandenen Sammlung bestückt: Da gibt es Fußbekleidung aus acht Jahrhunderten, Trachten- und Schnabelschuhe, welche aus Holz, Stroh und Seegras, und auch schicke Schuhe von König Ludwig II. und Königin Sissi. Ein Erlebnis!

das Rathaus

der Marienbrunnen

Vorbei am Sandauer Tor dem nördlichsten von Landsberg, geht man am Hinteren Anger bis zur Stadtpfarrkirche aus dem 15. Jahrhundert mit prächtiger, barocker Ausstattung. Eins der bemalten Fenster soll aus der Werkstatt von Hans Holbein dem Älteren stammen.
Geradeaus weiter geht es jetzt zu Landsbergs Hauptplatz mit dem historischen Rathaus von 1719, dem Marienbrunnen von 1783 und dem Schmalzturmaus dem frühen 14. Jahrhundert, der so genannt wurde, weil Marktfrauen ihr Schmalz im Schatten des Tores vor dem Zerfließen schützten.
Heute kann man sich genau gegenüber in einem Café mit riesigen Eisbechern von so vielen Eindrücken erholen. Fotos: CO