Kolumne

Meldungen aus einem kleinen Land
Peter Meleghy berichtet aus Ungarn

Er lebt in Hamburg und Budapest und betreibt die Webseite www.ungarnaktuell.de , außerdem die beiden Literaturseiten www.phantastisch-realistische-literatur.de und www.ein-oscar-fuer-hitler.com 

Kluge Enten und andere Seltsamkeiten
Auf dem Dach des Budapester Innenministeriums nisten Wildenten und schnattern. Dies stört die meisten Herren beim Denken und Diskutieren. Sie würden die Vögel gern loswerden, sogar wenn man sie dafür umbringen müsste. Dies ist aber kaum möglich, denn die klugen Tiere haben für sich einen Platz gewählt, wo man sie nicht sehen kann – nur hören.
Vogelschützer meinen daher, die Herren Politiker sollten sich mit offenen Ohren den Enten nähern. Und zuhören. Es wäre ja möglich, dass sie dabei etwas dazulernten – wie man beispielsweise das tägliche Verkehrschaos vermeiden und für gesündere Luft sorgen könnte. Schaden jedenfalls könnte es nicht.

Krankenhäuser in Not – Lösung in Sicht
Die ungarischen Krankenhäuser sind überfüllt. Mit Kranken! Deshalb nennt man sie Krankenhäuser und nicht anders.…

Unser Kolumnist, der Ungar Péter Pál Meleghy, ist Autor vieler Reiseführer und Kochbücher und schreibt für verschiedene deutsche Zeitschriften. Er lebt in Hamburg und Budapest und betreibt die Website www.ungarnaktuell.de, außerdem die beiden Literaturseiten www.phantastisch-realistische-literatur.de und www.ein-oscar-fuer-hitler.com

                                                         Der Kampf tobt

Begonnen hat er im Herbst vergangenen Jahres. Während der landesweiten Kommunalwahlen haben sich die neun Oppositionsparteien zusammengerauft: Die jeweils eigenen Kandidaten sind im Rennen um den Bürgermeisterposten zugunsten der aussichtsreichsten Mitbewerber einer anderen  Oppositionspartei zurückgetreten. Der Erfolg war für alle überraschend. In den meisten Gemeinden siegte die Opposition. Besonders wichtig war und ist Budapest, wo der junge Politiker der Partei DIALOG Gergely Karácsony (Bedeutung des Nachnamens: „Weihnachten“) zum Oberbürgermeister gewählt wurde. Er hat sogleich sein Veto gegen einen Stadionbau eingelegt und auch gegen die Einrichtung eines Museumsviertels im ältesten öffentlichen Park Europas – mitten in Budapest.
Viktor Orbán war und ist immer noch schockiert. Seine gewohnte Weihnachtsrede hat er nicht vor dem Parlament gehalten, sondern in der eher kleinen Musikakademie – vor geladenen Gästen.…

Nachrichten aus einem kleinen Land

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                  Das letzte aus der Anstalt im Jahr 2019

                                                           & Die lustigsten Streiche

Nicht am frühen Morgen verunglücken! Budapest gegen sechs Uhr: Der erste Rettungswagen wird gerufen. Laut Gesetz muss er mit allen Geräten und einem Arzt sogleich losbrausen. Tut er auch. Rund drei Minuten später folgt der nächste, und gegen neun Uhr gibt es im Rettungszentrum keine Retter mehr. Man kann dabei auch Glück haben. Wenn sich bei der Ankunft eines Rettungsarztes etwa herausstellt, dass der Verunglückte nur seinen Fuß verstaucht hat, steht der Wagen wahrscheinlich bald wieder zur Verfügung.
In weniger lustigen Ländern als Ungarn gibt es einen automatischen Anrufbeantworter, der bei einem verstauchten Fuß erstmal einige Ratschläge gibt, bevor ein Wagen losfährt – aber ein derartiges System gibt es in Budapest bzw.…

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                                                   Was Ungarn so alles reden

Der „Schäferhund“ heißt auf Ungarisch „Schwänziger-Hund“ (farkas kutya) – die anderen Hunderassen haben andere Namen, damit man sie von den Schwänzigern unterscheiden kann. Das versteht jedes ungarische Kind.
Sie, die ungarischen Kinder, begrüßen Erwachsene mit „Küss‘ die Hand!“ Männer grüßen Frauen ebenso. Und junge Frauen begrüßen ältere Männer nicht anders. Also grüßen wir, meine junge Gemüsehändlerin und ich, uns gegenseitig mit „Küss‘ die Hand!“ Und da das deutsche Wort „bitte“ in der höflichen ungarischen Variante, „es möge Ihnen gefallen…“ heißt, empfängt sie mich regelmäßig am Eingang mit: „Es möge Ihnen gefallen, sich herein zu bemühen!“ Und im kalten Winter, mit vereisten Gehwegen, bittet sie mich: „Es sollte Ihnen heute nicht gefallen, auszurutschen!“

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                                Der besondere Film – mit einem besonderen Schicksal
                                                   A Tanú – Der Zeuge

Satire über den real existierenden Sozialismus der 1950er Jahre in Ungarn: Zeit der Schauprozesse, als man leicht für Nichts ins Gefängnis kam und manchmal auch überraschend wieder heraus.
Der Regisseur Peter Bacsó begann 1969 mit den Arbeiten an dem Film, und allein die Drehgenehmigung vor 50 Jahren war ein Wunder: Denn gleich die erste Einstellung muss für die damalige kommunistische Führung als Beleidigung gewirkt haben. Man sieht einen Mann, der samt Hund am Bug eines alten Holzkahns steht und an einer Wiese anlegen will. Der Hund springt schon vorher an Land und pinkelt auf die, aus roten Nelken sorgfältig angelegte, Schrift: „Es lebe unser großer, weiser Führer“, womit nur Stalin gemeint sein konnte.

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Die Grenzöffnung Ungarns in Richtung Österreich, vor                                                      30 Jahren  – und die Vorgeschichte

Es begann bereits nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Die damalige Sowjetunion beklagte mit 37 Millionen Toten den größten Menschenverlust. Staats- und Parteichef Stalin wollte so etwas für alle Zukunft verhindern. So entstand, nach Verhandlungen mit den anderen Siegermächten, ein Schutzwall vor der Westgrenze der UdSSR aus Ländern, auf die er somit Einfluss bekam. Zu diesem „Ostblock“ gehörten Polen, die DDR, die Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien. Dort gelang es Stalin, eine Art europäischen Sozialismus unter seiner Überwachung einzuführen. Natürlich gab es Widerstand. Den ungarischen Aufstand 1956, darauf die Rache der Partei mit Hinrichtungen; den ebenfalls zerschlagenen Prager Frühling 1968. Doch Jahre später dann der allererste Erfolg mit weitreichender Wirkung zumindest für Polen: Die Gründung der freien Gewerkschaft Solidarnosc 1980.…

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Das Hauptpostamt in Budapest und die Großbuchstaben
Das Amt für den Postverkehr liegt an der brüllend lauten Großen Ringstraße in einem riesigen, heruntergekommenen Gebäude. Es ist auch für mich zuständig. Und weil mir meine Verwandtschaft meine Post aus Hamburg per Einschreiben nachschickt, bin ich dort häufiger Gast. Der riesige, längliche Saal für „benachrichtigte Sendungen“ (welch ein Unsinn!) besteht aus einem breiten Gang von ca. drei mal dreißig Metern, in dem die Kundschaft mehr oder weniger geduldig wartet, und einem genauso langen aber dreimal so breiten Raum, darin ein Durcheinander von Briefen und Paketen teils in Regalen, teils am Boden. Zwischen den beiden Teilen eine lange Theke mit offenen Schaltern und den Postangestellten dahinter.

Vor Parlamentswahlen bekommen die Rentner des Bezirks vom Ministerpräsidenten regelmäßig je 10.000 Forint (33.-€) geschenkt, die sie in ebendiesem Raum abholen können.…

Auf ein Wort:
Meldungen aus einem kleinen Land
Peter Meleghy berichtet aus Ungarn

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Die große Dame der ungarischen Philosophie ist tot.

Sie hatte einige Tage im Ferienhaus der Ungarischen Akademie der Wissenschaften in Balatonalmádi am Plattensee verbracht. Am Freitagnachmittag, dem 19. Juli, ging sie schwimmen, einige ihrer Freunde begleiteten sie bis zum Strand. Sie ging ins Wasser, die Freunde warteten. Etwa eine Stunde später meldete die örtliche Wasserpolizei, dass ihre Leiche gefunden wurde. Dann ging die Meldung um die Welt.

Ágnes Heller bleibt ihren Freunden in Erinnerung

Als Ungläubige:
Sie hat nicht an einen Gott geglaubt, sondern an sich.

Als Träumerin:
Nachdem sie die Schriften des Karl Marx und Immanuel Kant studiert hatte, glaubte sie sogar lange an eine „anthropologische Wende“, einer radikalen Änderung des Homo Sapiens. Erst nach dem niedergeschlagenen Volksaufstand 1956 erkannte sie, dass die meisten Menschen sich wie Schafe den Umständen anpassen möchten.…

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                     Schiffskatastrophe auf der Donau. Natürliche Ursache?
                     Ein Schwimmkran in Schwierigkeiten und andere Seltsamkeiten

Blumenmeer am östlichen Donau-Kai in Budapest. Zwischen den verwelkten Rosen und Nelken: Kerzenleuchter, Kinderspielzeug, Plüschaffen und -bären, ein Paar weiße Damenschuhe, Abschiedsbriefe auf Ungarisch und Koreanisch. Rundherum viele Menschen.
Dahinter, auf der breiten Donau dichter Verkehr. Auf ihrer östlichen, also Pester Seite parken kilometerlang weiße Hotelschiffe, je zwei nebeneinander. Der Fluss führt Hochwasser und fließt schneller als sonst, trägt Äste, Laub und Autoreifen mit sich, er bildet Wirbel an den Brückenpfeilern. Die Schiffe auf Bergfahrt schleichen, die auf Talfahrt rasen.…

Nachrichten aus einem kleinen Land

 

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                                                      ICH HALTE NICHT DEN MUND!

Agnes Heller, die große jüdisch-ungarische Dame der Philosophie, ist am Sonntag, dem 12. Mai, 90 Jahre alt geworden. Vorgefeiert wurde schon am Donnerstag, dem 9., in ihrer Budapester Wohnung mit Redakteuren des oppositionellen Klubrádiós. Die Kollegen freuten sich auf die Einladung, hatten allerdings Sorge, ob sie der Schnelldenkerin würden folgen können. Die Befürchtung war unbegründet.
Es eröffnete sich ihnen und den Rundfunkhörern ein dramatisches Leben:  Weltwirtschaftskrise, die ersten Zusammenstöße der NSDAP- und der KPD-Anhänger, Gründung der Deutschen Pfadfinderschaft, namens St. Georg, Hitlers Pakt mit dem Vatikan – die Vorboten des Faschismus und des Krieges.
Ágnes war ein aufgewecktes Kind. Sie wusste sehr früh was geschah, auch im Ausland.…

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                 Unterricht in Diskriminierung & Viktors seltsame Reisen

Attila ist zwanzig Jahre jung, will Sozialarbeiter werden und studiert das Fach in Budapest. Er kommt gut voran, seine Lehrer mögen ihn, besonders der, mit dem Attila eine gewisse Ähnlichkeit hat: dichte schwarze Locken und eine gräulich-braune Haut. Beide sind Roma. Und das ist im Ungarn von heute nicht lustig.
Attila wird nur allzu oft von Polizisten auf der Straße angehalten und muss seinen Personalausweis zeigen, dazu erklären, wohin er gehe und auch schon mal seine Taschen leeren. Kürzlich, als er mit seinem Lehrer unterwegs war, musste der sogar seine Schuhe ausziehen, um zu beweisen, dass er dort kein Rasiermesser oder eine andere Waffe versteckt hatte.…

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                                     Volkssport Selbstmord

Vorbemerkung:
Ungarn führt in Europa in dieser dramatischen Disziplin. Nach der letzten Zählung 2012 waren es 25 von 100.000 Ungarn, die sich das Leben nahmen. Im Vergleich Österreich: 15 Selbsttötungen auf 100.000.

Kapitel 1. Hat er sich schon wieder erhängt? Oder der Selbstmord als Witz
Der ungarische Architekt Imre Makovecz und seine organische Bauweise wurden durch einen Artikel in der Hamburger Zeitschrift ART 1980 auf einen Schlag weltberühmt. Die Italienische Fachpresse lobte besonders seine Kirche in Paks, an der Donau, denn sie hat nicht nur eine Kuppel sondern zwei geradezu weiblich anmutende Rundungen. So wurde sie als das „Gotteshaus mit dem schönsten Hinterteil“ gefeiert.
Aus Anlass seines Erfolgs lud der Meister zum Abendmahl in sein Wochenendhaus ein.

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Die Agentur des Teufels

Im warmen Frühling 2017 wurde Ungarn mit Plakaten übersät, auf denen ein grinsender George Soros zu sehen war. Daneben der Satz: „Lassen wir es nicht zu, dass er zuletzt lacht!“
Auf den ersten Blick dachte ich: Keine überwältigende Kampfansage an die Opposition. Selbst schlichte Gemüter werden kaum darauf hereinfallen – es ging um die Parlamentswahl 2018. Ich hatte mich geirrt. Es war maßgeschneidert schlicht. Denn bald kamen Plakate mit der Botschaft, der Milliardär und gebürtige Ungar Soros habe einen Geheimplan, Europa mit Einwanderern zu fluten. Und das war schon etwas ordentlich Angsteinflößendes. Angstmachen ist zwar nicht gerade neu, aber immer noch wirksam. Orbán siegte denn auch 2018 mit Zweidrittel-Mehrheit.…

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PROTEST, PROTEST, PROTEST!

Wie zwei ehemalige Freunde des ungarischen Ministerpräsidenten immer wieder schmunzelnd berichten, kamen sie zu dritt nach dem Abitur zusammen aus ihrem Dorf nach Budapest. Froh, in der Großstadt zu sein, betranken sie sich und zertrümmerten ihr Zimmer im Studentenheim.
Ich habe die böse Befürchtung, dass Viktor Orbán Ähnliches mit ganz Ungarn im Sinn hat. Ein neuerliches trauriges Beispiel ist das sinnlose „Versklavungsgesetz“ (bis zu 400 Überstunden im Jahr, die innerhalb von drei Jahren bezahlt werden sollen – wenn der Arbeitnehmer bis dahin weder stirbt noch kündigt. Ist eines davon eingetreten, braucht der Unternehmer nicht zu zahlen).

Dagegen protestiert inzwischen das ganze Land. Wie bei einer Veranstaltung im ostungarischen Debrecen der Gewerkschafts-Sprecher einer großen Gummifabrik berichtete, arbeiten er und seine Kollegen täglich bis zu zwölf Stunden, zudem leisten sie Überstunden.…

Meldungen aus einem kleinen Land, Peter Meleghy berichtet aus Ungarn

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Die freiwillige Versklavung – Es reicht, Orban!

 

Der ungarische Ministerpräsident und Vater der Nation hat im Spätherbst entdeckt, dass seine Untertanen mehr arbeiten, mehr Überstunden machen möchten. Und weil sie dies im eigenen Land nicht können, wandern sie ins Ausland ab.

Das galt es, möglichst schnell zu verhindern. Also ließ er ein neues Gesetz schaffen, das Anfang Dezember etwas knirschend, von Pfiffen und Buhrufen begleitet, im Parlament wenn auch nicht abgesegnet, so doch immerhin angenommen wurde.

Danach können Arbeitnehmer und Arbeitgeber – freiwillig – einen Vertrag schließen. Von da an leiht der Arbeitnehmer seinen Lohn für bis zu 400 Überstunden seinem Arbeitgeber. Der Arbeitgeber verspricht den Lohn für die Überstunden innerhalb von drei Jahren zurückzuzahlen. Während dieser Zeit ist es für den fleißig arbeitenden und geduldig wartenden Arbeitnehmer allerdings nicht ratsam, zu kündigen.…

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NACHRICHTEN AUS DEM TOLLHAUS

Flucht der Schwestern und Ärzte

Im einzigen Krankenhaus der westungarischen Kleinstadt Ajka haben, wegen andauernder Überlastung und miserabler Ausrüstung, alle Schwestern der Intensiv-Station gekündigt. Ihnen folgten die Narkoseärzte. Eine Katastrophe für die Stadt und Umgebung.
Da es in Ungarn keinen Gesundheitsminister gibt, erhob dazu der zuständige „Minister Für menschliche Kraftquellen“ seine Stimme (die wörtliche Übersetzung seines Titels ist auch auf Ungarisch nicht verständlicher). Er sagte: Die wichtigste Medizin sei das Einhalten der christlichen „Zehn Gebote“.
Immerhin wurde im Parlament die Frage gestellt, welches der Gebote besonders streng einzuhalten sei: Etwa „Du sollst nicht – EU-Gelder –stehlen“? Leider blieb der Minister eine Antwort schuldig.…

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Sozialistische Unmoral und die römische Kirche – Gegensätze, die sich sanft
ineinanderfügen – können

Anfang der 1980er Jahre sah ich während meiner ersten Reportagen in Budapest immer wieder kleine Autos der Marke Fiat 500, „Cinquecento“. Sie trugen römische Kennzeichen und viele von ihnen waren feuerrot lackiert. Drinnen saß immer ein junges, offensichtlich glückliches Paar. Sie Ungarin, er Italiener.
Auffällig waren die Gefährte schon deshalb, weil es damals in Budapest wenige Autos gab, und diese wenigen kamen aus der Deutschen, Rumänischen oder der Tschechischen Demokratischen Republik, und waren nicht gerade hübsch oder gar lustig – und schon gar nicht rot. Zudem sah man glückliche Auto-Insassen in der ungarischen Hauptstadt ohnehin selten.

Das Glück und des Rätsels Lösung lag in den Genen und der Erziehung der Insassen versteckt.…

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Roma, Zigeuner, Statistik 2018, Julikas Traum, Menuhin und die Gänseleber:

Hurra, die Zigeuner kommen!

Mein Großvater mütterlicherseits war der Gutsverwalter des Grafen Bethlen in Sesarma, Siebenbürgen. Die schönste Erinnerung an ihre Kindheit war für meine Mutter der regelmäßige Besuch einer Zigeunersippe. Jeweils etwa 20 – 25 Menschen zogen in den baumbeschatteten weiten Gutshof, umgeben von den ebenerdigen weißen Gebäuden, der Ställe und den Behausungen der Bauern.

Vorne marschierte der Zigeuner-Baron, der älteste Mann der Sippe, auf zwei seiner Töchter gestützt, dahinter die Musiker, dann die Frauen und die lärmenden schwarzhaarigen und dunkelhäutigen Kinder. Je nach Jahreszeit wurden Lämmer, Schweine und Hühner geschlachtet, viel Brot gebacken. Jeweils etwa eine Woche lang gab es für alle Essen, Trinken, Musik, Tanz und Spiele.…

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Ungarische Sommerschauer

Die Ungarn trinken
Eine nagelneue repräsentative Umfrage des Ungarischen Statistik-Amtes, Abteilung Lebensmittel-Verbrauch, ergab geradezu Revolutionäres: Die Ungarn trinken in der Sommerhitze wesentlich mehr als im Herbst oder Winter!

 Dies wurde auch von Herstellern und Händlern bestätigt. Seien es Wasser, Milch, Wein – oder Schnaps. Allerdings ist die Verifikation des Verbrauches an hochprozentigen Alkoholika schwierig. Ja ungenau. Denn bereits die erste Orbán-Regierung ab 2010 erlaubte wieder per Gesetz die heimische Alkoholherstellung. Bis zur Jahrtausendwende war dies bei den Ostbauern üblich. Kenner (Ärzte) schätzen, dass zumindest ein Drittel der Magyaren regelmäßig, zu oft und zu viel Alkohol trinkt. Somit selten nüchtern ist. Ob es hinter der Gesetzesänderung gar irgendeine Absicht gab?

Rumänische Bären ante portas
In Rumänien vagabundieren seit jeher Bären.

Migranten, Einwanderer, Asylanten und die Politik –
von einem der weiß, wie es sich anfühlt, ein Fremder, ein Flüchtling zu sein

Die Urahnen der heutigen Ungarn kamen im neunten Jahrhundert als Flüchtlinge aus Asien nach Europa. Selbst heidnische, wilde Reiter  wurden sie von einer noch wilderen Horde verfolgt. Im Karpatenbecken fanden sie endlich ein Paradies: Flüsse und Seen voller Fisch, Wälder voller Wild. Kaum vollgegessen, überfielen sie halb Europa, bis sie 955 von Otto I. von Habsburg (ursprünglich Raubritter) am Lech vernichtend geschlagen wurden. Daraufhin wurden die Ungarn Christen, und Otto I. wurde Kaiser.

Heute benehmen sich Flüchtlinge gesitteter. Netzpolitik.org schreibt gekürzt, sinngemäß: In Deutschland zeigt die Kriminalität sinkende Tendenz; die Bundesrepublik „zählt zu den sichersten Ländern der Erde“. Ähnlich die konservative Neue Zürcher Zeitung: „Straftaten in Deutschland gehen zurück; der niedrigste Stand seit 1992, mit einer Aufklärungsquote von 55%, Rekordniveau.“ Und das, obwohl die Deutschen und die restlichen Europäer Flüchtlinge aufnehmen.…